Es schlägt halb neun vom Kirchturm des Dörfchens. Der Klang ist dünn, aber er findet doch den Weg zwischen die Hügel, er durcheilt den Wald und trifft das Ohr MaTtins. Da fährt es diesem heiß durch das Herz, er hält inne in seinem Lauf, und die Federschachtel im Schulpack hört zu klappern auf. „Halb neun“, sagt der Knabe zutiefst erschrok-ken, er knickt achtlos ein Zweiglein und bemerkt nicht, wie sein Atem helle Wölkchen bildet.Halb neun, nun hört der Lehrer auf, das Einmaleins zu prüfen, er hat getadelt, vielleicht hat er einen Schüler auch gelobt, aber das kam selten vor.
„Weshalb hast du mich zu deiner Frau gemacht?“ fragt Annette. Es ist die Frage ihres Lebens, Annette stellt sie trotzdem leise, kaum hörbar, mehr im Gedanken als im Wort. Ihr Blick hängt dabei an dem Schwerverletzten, der vor ihr liegt: -seine zerschlagene Stirn ist mit weißem Tuch umwunden, die Augen sind geschlossen, kein Atemzug ist wahrzunehmen. Alfred ist bewußtlos wie die meiste Zeit, seit die Berge- mannsebaft ihn aus dem Kar in die Hütte getragen, seit der Fernspruch die junge Frau mit höchster Eile kommen geheißen hat und sie in die Schutzhütte getreten ist, in deren eine,
Es geschah einmal, daß einem Lehrer, der vor kurzem erst die Bildungsanstalt verlassen hatte, die Führung einer Klasse von zehn- und elfjährigen Knaben und Mädchen anvertraut wurde. Als er zum erstenmal vor sie hintrat — es war schon in der zweiten Hälfte des Schuljahres —, erschien ihm die Klasse als einheitlicher Körper, er atmet und lebt, und es gibt keine Stelle, die da fremd und tot wäre. In der zweiten und dritten Woche jedoch begann er die feinen Risse zu erkennen, die wie alles Lebende auch dieses Wesen durchzogen: es waren Unterschiede gesellschaftlicher Art, die da und
Das war in den letzten Tagen dieses Krieges, als allüberall die Armeen sich auflösten und ihre Soldaten freigaben. Diese strebten nun — glücklich der eine, weil der Zufall ihn so nähe an die Heimat geführt hatte, unglücklich der andere, der. über Gebirge und Flüsse und Ebenen hinweg mußte, um sie zu erreichen — ihren Familien zu und wählten dabei mit Vorliebe abgelegene, vereinsamte Wege. Sie taten es zum einen, weil das Kleid, das sie trugen, von dem jahrelangen Gebrauch zumeist verschlissen, wenn nicht zerlumpt war, und sie sich verloren vorkamen damit in der neuen, friedlichen