Es ist aber zu billig, die „Extremi-sierung der Jugend“ in den dreißiger Jahren nur als im engeren Sinn politisches Faktum einzustufen. Daß und wie sie in Österreich zum „Umbruch“ führte, beweist ihr Vorhandensein, auch in allen anderen Beziehungen, von denen allerdings hier nur einige der wichtigsten behandelt werden konnten. Daß sie in ihren extremsten Ausformungen den Mord zum Ethos erhob, ist nicht erst eine Frucht des „nun auch in der Ostmark angebrochenen ewigen Reiches aller Deutschen“. Den Mord als Lösung bestimmter, engste Horizonte überschreitender
Manches störte uns: Nicht nur, daß die Christlichsoziale Partei, die auch von meinen Eltern zeitlebens gewählt wurde, vor uns auf dauernde Abhilfe sinnenden Jungen keinen überzeugenden Beweis dafür lieferte, mit der „roten Gefahr“ einmal fertigwerden, „total“ aufräumen zu können, erschien sie in ihrer Kompromißbereitschaft nach der zahlenmäßig schwachen Rechten hin selbst den zum „Heil“ führenden Weg anzudeuten.Auch die Juden waren unsereinem nicht erfolglos verdächtig gemacht. Es mußte uns als inkonsequent und gefährlich erscheinen, sie weniger abzulehnen, wenn sie
Mein jugendlicher Antisemitismus ■wurde zugleich mit dem Nationalismus in der Jugendgruppe „theoretisch“ entfaltet und noch tiefer in die Gefühlswelt eingesenkt. Ich gehörte einer ihrer, vom Nazismus aus betrachtet, avantgardistischen, rassistischen Ausprägungen an, „geistig geführt“ von Otto Hauser, einem gleich begabten wie wirren, gleich überheblichen wie wunderlichen und innerlich unsicheren (und doch für uns Jungen so eindrucksvollen) Dichter und Amateurgelehrten in der Nachfolge und Bruderschaft jenes Lanz von Liebenfels, der vordem auch Hitler so stark beeinflußt
Ich bin einer jener Österreicher, die vor 25 Jahren als sogenannte Illegale an der Auslöschung Österreichs selbst Anteil hatten. Mit dem Ausdruck „Illegale“ ist für die Gefährten, aber auch die Gegner von damals viel umschrieben. Als vorläufige Erklärung für die Jungen: Es waren jene Nationalsozialisten, die sich während des autoritären Ständestaates (1934 bis 1938) außerhalb des geltenden Gesetzes, aber wohl nicht immer außerhalb des Wissens der Exekutive, in größeren und kleineren Gruppen gesammelt und systematisch für die „Machtergreifung“ vorbereitet
Das Thema, das ist die einfache Erklärung, Wurde nicht erst von den Schulbehörden zum Unproblem gemacht; es wurde in Monarchie und Republik von den Führüngsschich-ten glatt verdrängt oder bewußt vernichtigt und nur in verächtlichen Witzen und im Spott gleichsam als Zaungast zugelassen, damit aber für die Betroffenen in gravierender Weise verschärft. Es erübrigt sich die Bemerkung, daß wir in dieser Hinsicht noch heute auf der gleichen Stelle treten. Davon zeugt die in breiten Kreisen weiterhin übliche Einschätzung Österreichs als eines „deutschen Staates“ mit der quan-tite
Auf dem Hauptplatz eines westpolnischen Städtchens steht das Denkmal eines gekrönten Kindes in Ketten: König Hänschen I. Es ist nicht einem wirklichen Herrscher errichtet, sondern dem Helden eines Märchens von Janusz Korczak. Ein gekröntes' Kind in Ketten: Sinnbild aller Kinder, denen die Krone verlorengeht, wenn sie verstohlen zu den Erwachsenen hinüberwechseln. Mit dem Verlust der Krone aber erwacht das Gelüst, die verratene Majestät auch in den anderen Kindern zu erniedrigen und in Ketten zu legen. König Hänschen in Ketten, zum Tode verurteilt: er hat aufgerufen zur
Unser raschlebiges Zeitalter verfehlt selten, jenen Neuschöpfungen reichen Beifall zu spenden, die ihm in ihrer Oberflächlichkeit und Kurzlebigkeit verwandt sind. Um so weniger beachtet aber bleiben die wahrhaft geschichtlichen, nämlich Geschichte machenden Planungen, von denen Nietzsche sagte, daß sie sich stets fern dem Geräusch und Geschrei der Menge vollziehen. Von besonderer Aktualität ist diese Erkenntnis in unserem Lande: der Lebenswille drängt nach dem Ende eines furchtbaren Krieges begreiflicherweise zu rasch erringbaren Augenblickserfolgen auf politischem und wirtschaftlichem
Auf die „Amerikanischen und europäischen Human'smus“ gegenüberstellende Betrachung in der „Furche“ vom 26. Juli 1946 (Nr. 27) ging dessen Verfasser eine Entgegnung von privater Seite zu. Diese bringt an Deutlichkeit der Formulierung nichts zu wünschen übrig lassend, eine Problemstellung von allgemeinstem Interesse und von symptomatischer Bedeutung zur Diskussion. Teil gebe zunächst eine kurze Zusammenfassung der Hauptthesen dieser Entgegnung:Bei der Darstellung des modernen amerikanischen Humanismus „dürfe ein recht entscheidender Faktor nicht übersehen werden, nämlich die