Nach den parteipolitischen hektischen Wochen der alljährlichen Parteikonferenzen und den geschäftigen Tagen der Strategen und Berater vor Beginn der heurigen Sitzungsperiode des Parlaments hätte England zur innerpolitischen Routine übergehen können. Doch mehrere Faktoren verhinderten dies, und die Regierung sieht sich an Schärfe gewinnenden Angriffen aus der Presse und katastrophalen Niederlagen in Nachwahlen gegenübergestellt. Nicht nur Premierminister Wilson sucht zu ergründen, ob sich dahinter eine echte Vertrauenskrise verbirgt.Auf Wilson und seinen Kollegen In der Regierung lasten
Die Abgeordneten erlebten in den letzten Tagen vor den Parlamentsferien in Westminster einen Schock, der nur mit der Stimmung unmittelbar nach Dünkirchen verglichen werden kann. Unbemerkt vom Mann auf der Straße hatte sich eine Krise um das Pfund Sterling entfaltet und zugespitzt, daß die Regierung ihre wohlgemeinten Pläne für eine wirtschaftliche Expansion beiseiteschob. Premierminister Wilson gab am 20. Juli in einem randvollen Unterhaus drastische Maßnahmen zur Einschränkung der Indlandsnach-frage bekannt. Seit 1931, wie einige Publizisten ausrechneten, mindestens aber seit 1946, wie
Wer jetzt in England weilt, dem fällt es schwer, seine Aufmerksamkeit von den Ereignissen rund um den World Cup 1966 wegzulenken. Sicherlich erregt auch eine Änderung der Mannschaftsaufstellung Englands die Gemüter mehr als die Kabinettsumbildung, die durch den Rücktritt Frank Cousins ausgelöst worden ist. Dennoch kennzeichnete dieser Schritt die gegenwärtige innenpolitische Lage Großbritanniens,indem er der Öffentlichkeit die verborgen gebliebenen internen Schwierigkeiten der Arbeiterpartei und des Kabinettes Wilson aufzeigt.Als Grund für seine Demission gab Mr. Cousins, der vor
Am Freitag, dem 13. Mai, gingen die Unterhändler der Reeder und der Seeleutegewerkschaft vom Sitz des Premierministers weg in der Gewißheit, daß ein Streik der Seeleute das erste Mal seit 1911 unvermeidbar geworden war. Tatsächlich begann um Mitternacht vom 15. auf den 16. Mai der angedrohte Streik. Wohl die wichtigste Folge dieses Ausstandes, den man hier in London mit dem Generalstreik des Jahres 1926 gleichzusetzen pflegt, ist bisher der Ausruf des nationalen Notstandes durchdie Regierung. Premierminister Wilson versicherte freilich, daß das Kabinett vorderhand nicht von den
Am Freitag, dem 16. Oktober, ist der vorläufige Schlußstrich unter die dreizehn Jahre lange Tory- Herrsohaft gezogen worden. Als in den Vormittagsstunden sich ein knapper Labourerfolg abzuzeichnen begann, zog der frühere konservative Premierminister daraus die Folgen: etwa um 15.30 Uhr begab er sich in Cutaway und Zylinder zum Buckingham-Palast, um Elisabeth II. seinen Rücktritt zu erklären; 25 Minuten später stand der Führer der britischen Arbeiterpartei, Harold Wilson, vor der Monarchin, um von ihr mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt zu Werden. Der traditionelle Handkuß,
Wer sich im herbstlichen London an einem Sonntagvormittag von der Menge durch den St.-James-Park treiben läßt, den Hyde Park durchwandert und in der Nähe von Marble Arch am Speakers’ Corner die Redner beobachtet, wird kaum Anzeichen wahrnehmen, welche auf die am 15. Oktober stattfindende Parlamentswahl weisen. Und dennoch hatte der Wahlkampf seine entscheidende Phase erreicht, als die Parteien in den letzten Wochen ihre Wahlmanifeste veröffentlichten. In diesen Dokumenten geben die Parteiführungen der Öffentlichkeit Programm, Weg und Ziel bekannt, welche sie nach allfälliger Erringung
Wenige Chronisten dürften sieh an einen Streit um i die Führung der konservativen Partei erinnern, der ein ähnliches Ausmaß erreicht hat wie jener, aus. dem Lord Home, das heißt: "jetzt Sir Alec Doulgas-Home, als Premierminister und damit Parteiführer hervörging. Vor diesem Ereignis wurde bekanntlich keine parteiinterne Abstimmung abgehalten, sondern man wandte die „üblichenVerfahren“ an, mit denen die Stimmung in den verschiedenen Sektoren der Partei, ‘wie Parlamentsabgeordnete, Parteimänager, Organisationshelfer und vor allem das Kabinett und einflußreiche Peers, untersucht
In wenigen Wochen erlebten die Briten ihre politischen Parteien in einer glanzvollen Revue, welcher der geschichtliche Zufall noch eine Spannung hinzufügte, wie sie sonst nur in Romanen von Joseph Conrad und Graham Greene zu finden ist. Die Parteien präsentierten sich ihren Mitgliedern, künftigen Wählern, Organisationshelfern, Abgeordneten und der Presse frisch aufpoliert wie die Ritterrüstungen im Tower. Die Parteiführungen wollten noch einmal ihre Mannschaften mustern, ehe sie das entscheidende Turnier, die Schlacht der nächsten allgemeinen Wahl, beginnen, die innerhalb eines Jahres,
Seit Wochen erschüttert ein Skandal Großbritannien, von dem man nicht weiß, ob dabei die gesellschaftlichen, politischen oder moralischen Aspekte schwerer wiegen. Tag für Tag überstürzten sich die Ereignisse, und es ist noch nicht abzusehen, welche innenpolitische Auswirkung die beispiellose Handlungsweise des Mr. John Prof um o, 48 Jahre alt, schließlich haben wird. Bekanntlich unterhielt derehemalige Staatssekretär für Heereswesen — sein tatsächlicher Rang entsprach nämlich nicht dem eines Ministers — intime Beziehungen mit der jetzt 21 Jahre alten Christine K e e 1 e r zu