Völlig neue, fließende Raumfolgen

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Sie war die erste Frau, die 2004 mit dem renommierten "Pritzker Preis" ausgezeichnet wurde, 2012 wurde sie zum Dame Commander of the Order of the British Empire erhoben. Dem Hochadel der Architektenschaft gehörte Zaha Hadid bereits wesentlich länger an. 1988 war sie als einzige Frau bei der bahnbrechenden "Deconstructivist Architecture"-Ausstellung im New Yorker Museum of Modern Art vertreten, damals visualisierte sie ihre dynamischen Raumvorstellungen in faszinierend expressiven und sehr präzisen Malereien. Sie zeigten, worum es Hadid ging: die Grenzen der Architektur ständig zu erweitern. Diesen Weg verfolgte sie konsequent ihr Leben lang. 1950 in Bagdad geboren, begann sie 1971 an der American University of Beirut ein Studium der Mathematik. Dann studierte sie an der Architectural Association School in London Architektur, wo sie auf Persönlichkeiten wie Rem Koolhaas und Bernhard Tschumi traf, die tradierte Vorstellungen von Architektur aufbrachen. Hadid nutzte ihr tieferes Verständnis für mathematische Phänomene und komplexe Geometrien, um völlig neue, fließende Raumfolgen zu generieren. 1980 eröffnete sie ihr Büro in London: Ihre dramatischen, perspektivischen Architekturdarstellungen bestimmten den Diskurs, blieben aber lange ungebaut. 1993 realisierte sie auf dem Vitra-Campus in Weil am Rhein die eleganteste, dynamischste und statisch optimierteste Feuerwehrstation der Welt, die heute als Ausstellungsraum dient. Viele Bauten folgten: das "phaeno" in Wolfsburg (2005), das Guangzhou Opera House in China (2005), das MAXXI in Rom (2010). Wolf D. Prix holte Hadid an die Universität für angewandte Kunst in Wien, wo sie 15 Jahre lang lehrte. "Ihr architektonisches Vermächtnis ist ganz sicher: ständig weiter zu forschen und das radikal Unkonventionelle, Neue zu suchen", so Hannes Traupmann, der ihr Assistent war. "Sie war unser Fixstern und Planet, sie hatte eine starke Anziehungskraft und Ausstrahlung." Ihre Inspirationsquellen waren vielfältig: Tektonische und landschaftliche Elemente, geometrische Systeme, Biomimetik. Studierende und Kollegen behandelte sie warmherzig, großzügig und verantwortungsvoll. Hadid strebte nach der "total fluidity". Was sie darunter verstand, lässt sich an ihren stromlinienförmigen Designs von Schuhen für "United Nude", der Bergiselschanze in Innsbruck (2003) und im Library and Learning Center (2012) der Wirtschaftsuniversität Wien nachvollziehen. Am 31. März starb die Grande Dame der Architektur unerwartet.

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