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Das Lustspiel "Mann ist Mann" auf der Landesbühne: ziemlich unentschieden.

Die Unentschiedenheit, die Bertolt Brecht seinem 1926 in Darmstadt uraufgeführten Lustspiel mit Musik von Paul Dessau "Mann ist Mann" angedeihen ließ, sollte sich bei einer Aufführung nicht wiederholen. Die Geschichte von der "Verwandlung des Packers Galy Gay in den Militärbaracken von Kilkos im Jahre neunzehnhundertundfünfundzwanzig" endet in der ersten Fassung damit, dass Galy Gay, der nach und nach seine individuellen Eigenschaften "abgegeben" hat, als "Kriegsmaschine" die Bergfestung Sir El Dchowor erobert, wobei 7000 Flüchtlinge ums Leben kommen. Beim Übergang über die tibetische Grenze - die Geschichte spielt in der englischen Kolonialarmee in Indien - nimmt Gay seinen Kameraden die Pässe ab, wodurch er symbolisch ihre Individualitäten löscht. Jetzt hat er Macht über sie. In der veränderten Fassung von 1931 hatte Brecht die letzten Szenen gestrichen, später aber wieder aufgenommen.

Galy Gay, ein Mann, der nicht nein sagen kann, soll eines Morgens Fisch kaufen, gerät aber in die Hände dreier Soldaten, die den vierten verloren haben, aber zu viert beim Rapport antreten müssen. Sie überreden ihn, den verlorenen Mann zu mimen und ziehen ihn immer weiter in ihre Kreise, indem sie ihn erniedrigen und Stück für Stück seiner Persönlichkeit auslöschen. Er wird wie ein Auto "ummontiert".

Ursprünglich wollte Brecht diesen Galy Gay als einen neuen Menschentypus, als Massenmenschen, vorführen, der nach Aufgabe seiner Privatperson kein Schwächling mehr sein sollte, sondern einer, der geradezu zum Helden erwächst. Später, 1954, sieht Brecht "bei Durchsicht meiner ersten Stücke" diese Figur als "sozial negativen Helden".

Diese sozialkritische Ebene schwimmt in Salzburg dem Regisseur Johannes Zametzer zu weit weg, sie kann vom Publikum gar nicht wahrgenommen werden, denn die Karikaturen des Soldatenlebens geraten überlaut, hart am Klamauk. In "Mann ist Mann" sieht die Literaturwissenschaft einen Wendepunkt im dramatischen Werk Brechts, an dem er sich erstmals der Parabelform als Vehikel für seine sozialkritischen Ideen bedient - wie später im "Guten Menschen von Sezuan" oder im "Kaukasischen Kreidekreis"

Parabel als Sozialkritik

Gerhard Hermann ist dieser irische Packer Galy Gay, und er vermag erst im zweiten Teil des Abends jene Akzente zu setzen, die psychologisch einigermaßen andeuten, dass hier die Destruktion einer Persönlichkeit und kein Kasernenfest stattfindet. Als Soldaten einer Maschinengewehrabteilung plagen sich Detlef Trippel, Torsten Hermentin, Hartmut Scheyhing und Christoph Sommer. Die Kantinenbesitzerin Begbick gibt Franziska Sörensen, sie ist die einzige, die keinen Umwandlungsprozess durchmachen muss, wie etwa Werner Friedl als Sergeant Fairchild, der ziemlich unmotiviert zum depressiven Zivilisten mutiert.

Es ist schön, wieder einmal einen Brecht in Salzburg zu sehen, die Aufführung hinterlässt aber leider einen allzu unentschiedenen Eindruck.

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