Der Mann dachte "big"

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Teil 11 der Serie "Der Mensch hinter dem Begriff": Der Hotelkönig Conrad Hilton (1887-1979).

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Teil 11 der Serie "Der Mensch hinter dem Begriff": Der Hotelkönig Conrad Hilton (1887-1979).

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New Mexico ist noch kein Bundesstaat, sondern nur ein "Territorium" der USA, als Conrad Hilton 1887 in San Antonio geboren wird. Er wächst zwischen Mexicanos und Indianern auf, in einer kinderreichen Familie mit Pioniergeist. Obgleich norwegischer Abstammung, sind die Hiltons katholisch, erzkatholisch. Bis ins hohe Alter wird Connie fast täglich die Messe besuchen und hartgesottene Tycoons manchmal mit dem Rat verblüffen, in schwierigen Situationen zu beten. Die Scheidung von seiner Frau belastet sein Gewissen, eine zweite, kurze Ehe mit dem in Hollywood gestylten Budapester Luxusgeschöpf Zsa Zsa Gabor bringt viel Glamour, aber kein Glück.

Der Vater, weit über San Antonio hinaus tonangebend, wird sein großes Vorbild und verschafft ihm den ersten Job: Spedition verschiedenster Waren kreuz und quer durch New Mexico. Nebenbei bereitet sich der Junior auf eine Juristenkarriere vor. Als Uncle Sam 1917 verkündet "I want You!", rückt auch Connie ein. In Frankreich versieht er Routinedienst beim Nachschub an die Front.

Wieder Zivilist, sieht er ein klares Ziel vor sich. 1919 geht er nach Texas, um dort ins Bankgeschäft einzusteigen. Doch prompt nützt er die Chance, in der Stadt Cisco ein Hotel zu erwerben. Sowas hat Zukunft, denn in Texas kommt die Erdölindustrie auf Touren und verheißt hohe Gästefrequenz. Fortan bezeichnet sich Hilton als "innkeeper", Gastwirt.

Die Gewinne investiert er in andere texanische Hotels und getreu seiner Devise "Think big, dream big" geht er das Wagnis eines Neubaus in Dallas ein. Damit gerät er in Engpässe, hält aber seinen Kurs.

In den zwanziger Jahren besitzt er acht florierende Hotels, eines macht sogar Schlagzeilen, als dort sein Geschäftspartner von einem entlassenen Angestellten ermordet wird. Und dann der New Yorker Börsenkrach anno 1929! Gerade Hiltons Branche hat unter den Auswirkungen arg zu leiden, das Wirtschaftsleben stagniert, die Leute reisen nicht mehr. Laut Statistik schlittern 81 Prozent der amerikanischen Hotels in die Pleite. Hilton stößt drei seiner Betriebe ab und ist mit geringer Barschaft rastlos unterwegs, um Geldgeber zu mobilisieren.

Als der "New Deal" des neuen Präsidenten Roosevelt die rasante Talfahrt schließlich abfängt, kann auch Hilton wieder an Expansion denken. Er faßt Fuß in Kalifornien und schafft sich mit der Erwerbung der beiden Viersterne-Hotels Chicagos einen Schwerpunkt im Mittelwesten.

Zugleich auch eine Startrampe für sein allerkühnstes Vorhaben: er war schon erwachsen, als er zum erstenmal nach New York kam. Dort stand das alte "Waldorf-Astoria" mit seiner Aura höchster Noblesse und Tradition. Seit 1931 gibt es das neue Haus dieses Namens, ein Nonplusultra an Eleganz, Komfort und Kapazität. Viele Jahre hegt "Mister Hotel", wie man ihn nennt, den stillen Wunsch, eines Tages die Halle als Besitzer zu betreten.

Dieser Tag kommt 1949, Connie hat das Kronjuwel seines Hotelimperiums errungen. Aber der Sechziger ist schon wieder voller Pläne. "Think big?" Natürlich, und zwar global. Er reist in das Europa des Kalten Krieges, sein Unternehmen, nun "Hilton International", erbaut Luxushotels in Madrid, Istanbul und West-Berlin. Nach und nach entstehen in vielen Metropolen Häuser mit seinem Namen, auch in Wien.

Der Hotelier der VIPs beider Hemisphären ist selbst einer der prominentesten Köpfe der USA. Im Patriarchenalter meldet er sich als moralische Instanz zu Wort, hält Vorträge, die fast Laienpredigten sind, sammelt Würdigungen und Ehrendoktorate und katapultiert seine Autobiographie "Be my guest" in die Bestsellerregion. Privates? Die eigene große Familie, darin kurzfristig eine schöne Schwiegertochter Elizabeth, geborene Taylor.

Im Jänner 1979, wenige Tage nach seinem 91. Geburtstag, geht es mit Hilton sanft zu Ende. Irgendwie ist er immer Connie geblieben, der Junge aus San Antonio.

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