Der Mut zur Parklücke

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Diskurstheaterpapst René Pollesch landet mit "Cavalcade or Being a holy motor“ laut polternd in Wien. Gleich zu Beginn parkt sich ein Düsenjet in den Straßen von New York ein - ein spektakulärer Start, nach dem aber leider auch schon Schluss ist mit den guten Ideen.

Das wunderschöne Holzspielzeug in Übergröße bildet die manifestierte Traumfolie, vor der sich Birgit Minichmayr (erstmals seit drei Jahren wieder auf einer Wiener Bühne), Ignaz Kirchner und Martin Wuttke 75 Minuten lang die Beine in den Hals stehen und Textberge abarbeiten. Es geht um Freud, um Träume, um Beziehungsstress, ums Theater und den letzten Leos Carax-Film "Holy motors“, Titelgeber des Stückes. All das vermischt Pollesch mit Texten von Lacan und ˇZiˇzek, fügt noch ein paar aktuelle Bezüge ein, würzt mit hübschen Musikbrücken, fertig ist ein grotesker, aber über weite Strecken langweiliger Theaterabend.

Übertriebenes Pathos

Philosophische Phrasen mischen sich mit Elementen der Populärkultur: So kann das toxische Verhalten der Frau sowohl im Freud’schen Sinne gedeutet werden als auch einem Zitat von Britney Spears entstammen. Minichmayr bezaubert als hysterische Schauspielerin mit Flugschein, Kirchner vereint in seiner Figur die Rolle des Fluglotsen, Psychotherapeuten und apathischen Kim-Jong-il-Look-alikes, während Wuttke einfach nur Wuttke ist und sich in bewährt unbeholfener Manier durch die Dialoge kämpft. Das übertriebene Pathos, ein Markenzeichen von Pollesch, verliert bereits nach den ersten zehn Minuten Spielzeit an Witz, und das bekannte Pollesch-Konzept kann bei dieser Uraufführung im Akademietheater nicht überzeugen. Gespannter verfolgt man da noch die Kostümwechsel von Minichmayr und Wuttke und die beherzten Sprünge in den Orchestergraben.

Der Theaterreigen des Regiestars Pollesch dreht sich immer schneller, seit seinen legendären Heidi Hoh-Aufführungen vor 14 Jahren sind über 70 Produktionen von ihm abgespielt, da bleibt kaum Zeit für Qualitätssicherung, und der gehetzte Grundton dieser Inszenierung verstärkt den Eindruck der Hudelei noch zusätzlich. Weniger wäre in diesem Fall sicher mehr gewesen. Trotz der originellen Verwendungsmöglichkeit für den Eurofighter wird alles Übrige schnell wieder in Vergessenheit geraten.

Cavalcade or Being a holy motor

Akademietheater

5., 20., 31. Oktober

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