Erziehen als Lebenshilfe

19451960198020002020

Zum 25. Todestag des katholischen Pädagogen Friedrich Schneider (1881-1974).

19451960198020002020

Zum 25. Todestag des katholischen Pädagogen Friedrich Schneider (1881-1974).

Werbung
Werbung
Werbung

Im Laufe eines halben Jahrhunderts ist die "Internationale Pädagogische Werktagung" in Salzburg für den deutschsprachigen Raum und darüber hinaus zum wichtigsten Fortbildungswerk in den weiten Bereichen erzieherischer Arbeit geworden. Von Beginn an waren die Verbindung von Forschung und Praxis, die vordringliche Zuwendung an Erziehungsnöte und die Selbsterziehung des Erziehers leitende Ideen der Werktagungen. An seinem 25. Todestag (14. März) ist ihres Gründers, des katholischen Pädagogen Friedrich Schneider, zu gedenken.

Der aus Köln stammende Friedrich Schneider, Professor für Pädagogik in Bonn, Salzburg, Innsbruck und München, fand jeweils in schwerer Zeit (nach den Weltkriegen und während der NS-Diktatur) zu seinen wesentlichen Arbeiten. In den frühen zwanziger Jahren schuf er in Deutschland die Grundlagen für eine "Vergleichende Erziehungswissenschaft", die er als Instrument der internationalen Verständigung und als einen Weg zur Verwirklichung der Weltfriedensidee verstand. "Schneider war einer der ersten Deutschen, der die ,Isolationsgefühle' nach dem Ersten Weltkrieg durchbrach", wurde in einer englischen Publikation vermerkt.

Die von ihm 1931 begründete "Internationale Zeitschrift für Erziehungswissenschaft" (dreisprachig) wurde 1934 verboten, erreichte aber schon in dieser kurzen Zeit eine starke Ausstrahlung weit über Europa hinaus. Bereits 1947 gelang Schneider die Fortsetzung der Zeitschrift; später wurde sie vom UNESCO-Institut in Hamburg übernommen, zweifellos ein Ausdruck der starken internationalen Bedeutung dieser Publikation.

Für Friedrich Schneider, 1934 seines Lehramtes enthoben und zwangspensioniert, waren dann Familie und religiöse Erziehung die Hauptthemen seiner Arbeiten. Seine Bücher ("Katholische Familienerziehung", "Deine Kinder und Du"), Widerstand im Geiste gegen die Erziehungsdiktatur des Nationalsozialismus, wurden große Erfolge.

Nach 1945 folgten die Salzburger Jahre. Mit der Gründung des "Instituts für Vergleichende Erziehungswissenschaft" an der Theologischen Fakultät (das Institut bestand bis 1971) betrat er wieder das ihm so wichtige Arbeitsgebiet der internationalen Verständigung und Zusammenarbeit. Bücher aus dieser Zeit wie "Triebkräfte der Pädagogik der Völker" und "Europäische Erziehung" sind ihrem Gehalt nach immer noch aktueller Ausdruck angestrebter Dimensionen einer "weltweiten Erziehung". Die "Integration der zerstreuten und auseinandergefallenen Teile zu einem Ganzen" wird als wichtige Aufgabe erfaßt, die "über die Institutionen hinauswirkende gemeinsame geistige Haltung als Grundlage des Europäertums" verstanden, und zwar deutlich in dem Sinne, daß die "Europa-Idee nicht zu begreifen ist, wenn wir nicht das Christentum als eine der gestaltenden Kräfte der europäischen Kultur anerkennen".

Schneider durchmaß in seiner Pädagogik die enorme Spannweite von einer "weltweiten Erziehung" bis zur "Erziehung als Lebenshilfe" (so auch der Titel eines Buches seines damaligen Assistenten Wolfgang Brezinka). Jugend in Not, Verlassensein und Verwahrlosung verlangten nicht nur beratenden, sondern unmittelbar helfenden Einsatz; Erzieherinnen und Erzieher mußten in diese Aufgaben hinweinwachsen. Die Werktagungen in Salzburg sollten dafür ein Stützpunkt werden. Gemeinsam mit der Caritas übernahmen Professor Schneider und seine Mitarbeiter am Institut diesen Auftrag.

"Probleme der Jugendverwahrlosung" waren das Hauptthema der ersten Tagung (Juli 1950); ähnliche Themen wurden in den nächsten Jahren verfolgt. Schneiders ceterum censeo von der "Selbsterziehung des Erziehers"- keine bequeme, keine moderne Forderung! - blieb spürbare Grundströmung der Werktagungen, auch nach seinem Abgang nach München (1953), auch nach der Übernahme der Trägerschaft der Werktagungen durch das Katholische Bildungswerk Salzburg (1971). Durch die pädagogische Hilfe aus den Werktagungen wurden "Mutlose wieder zuversichtlich gemacht, Ziellose wieder auf gemeinsam erarbeitete Richtlinien hin geleitet" (Franz Wurst).

Friedrich Schneider, bis 1955 Ordinarius für Pädagogik an der Universität München, ist am 14. März 1974 in München gestorben.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung