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Digital In Arbeit

Berührende Momente

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Einstein digital - die Welt des Genies“ nennt sich eine CD-ROM zum Preis von 675 Schilling vom Computerverlag Systhema und Akademischen Verlag Spektrum. Ihre Vorzüge lassen über die typischen CD-ROM-Kinderkrankheiten hinwegsehen, deren es leider eine ganze Latte gibt. Am meisten stören die Schlampereien bei der Übernahme der Rowohlt-Bildmonographie über Einstein von Johannes Wickert, wie überhaupt bei der Texteingabe. Ein daß statt eines das dürfte nicht passsieren. Noch weniger dürfte Ernst Mach 1938 (statt 1838) auf die Welt gekommen sein und der Prager jüdische Friedhof auf das fünfte statt auf das 15. Jahrhundert zurückgehen. Derlei schadet dem Buf der CD-ROM als Bildungsmedium.

Wer mit der Biographie Einsteins vertraut ist, findet emotional Berührendes. Die Hersteller historischer CD-ROMs sind bekanntlich dankbar für die Schnipsel aus alten Wochenschauen, die noch nie für einen Dokumentarfilm gebraucht wurden: So sieht man George Rernard Shaw eine Laudatio auf seinen noch berühmteren Zeitgenossen halten. Wer die Biographie von Lise Meitner und ihr Schicksal im Schatten Otto Hahns kennt, der ohne sie kaum zu seinem Nobelpreis gekommen wäre, wird von den wenigen Sekunden, in denen sie schweigend im Laboratorium zu sehen ist, eigenartig berührt.

Das bewegendste Tondokument ist das Rundfunkinterview Einsteins vom Oktober 1940, am Tag seiner Einbürgerung in die USA. Es ist nicht nur ein Bekenntnis zu Freiheit und Demokratie, sondern auch ein Dokument des, gelinde gesagt, geradezu klassischen deutschen Akzents, mit dem er Englisch sprach. Aber auch die Filmaufnahmen des Treffens mit Ben Gurion, der winkende Einstein im Zug bei der Abreise aus Kalifornien, der gerade erklärt hat, er werde nicht nach Deutschland zurückkehren, oder das Gespräch mit Leo Szi-lard auf Einsteins Veranda in Prince-ton sind starke Eindrücke.

Die Portionierung des Materials, das mit allerhand spielerischen Effekten und Soundbegleitung abgerufen werden kann, erleichtert Compu-terfreaks gewiß den Zugang zu Einstein. Doch die vielen Fehler sind pädagogisch kontraproduktiv und einige Untertöne bei der Kommentierung lassen auf seltsame Bessenti-ments schließen.

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