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Bomben auf Nasser

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An der Naahtbaustelle erloschen schlagartig die Scheinwerfer. Detonationen! Dann kam das Wasser. Der Hochstaudamm von Assuan, der größte Bauplatz der Welt, war plötzlich ein tosender Hexenkessel. Der nächste Morgen beleuchtete eine wüste Szenerie: In dem erst im Mai 1964 — beim Besuch Chruschtschows — fertiggestellten „Coverdamm“ klafften mehrere riesige Sprenglöcher, durch die das Wasser ungehindert hereinbrach. Schwer beschädigt waren drei von sieben Schleusentoren am Hauptdamm; das Kraftwerk, das die Energieversorgung an den Baustellen sicherte: ein Trümmerhaufen; zerstört 30 Abraumbagger und 47 Laster sowjetischer und britischer Herkunft. Mindestens 37 Menschenleben waren zu beklagen.

So schildern Augenzeugen die vorläufig folgenschwerste Demonstration der illegalen Opposition Ägyptens. Der Sachschaden beträgt nahezu 2 Milliarden ö. S.

Uber ein Jahrzehnt konnte die regierungsamtliche Propaganda die Existenz jeglioher antinasseristischer Opposition so erfolgreich abstreiten, daß selbst ausländische Experten darauf hereinfielen und Abd el Nassers Regime für das stabilste im ganzen Nahen Osten hielten. Auf diese Uberzeugung sind viele Fehler westlicher Ägyptenpolitik zurückzuführen. In Wirklichkeit war die EinMann-Herrschaft Abd el Nassers nur so lange nicht zu erschüttern, wie seine einstigen Mitrevolutionäre — mit anderen Worten: die Armee — einig hinter ihm standen. Das wiederum taten sie nur so lange, wie der „Rais“ außenpolitisch erfolgreich war. Wann die oppositionelle Aktivität begann, läßt sich daher genau bestimmen.

Der Entschluß, im Jemen-Konflikt einzugreifen (1962), war der Anfang vom Ende. Zwei der engsten Mitkämpfer des Nildiktators, die Vizepräsidenten Boghdadi und Hussein warnten davor und zogen sich, als sie ungehört blieben, von der Verantwortung zurück. Bei der Regierungsumbildung im Frühjahr 1964 wurden sie ausgebootet, und Boghdadi schickte seinen Absohiedsbrief an den einst bewunderten Abd el Nasser absichtlich mit der Post, um wenigstens die Zensoren über die Gründe der Trennung und Fehler des „Rais“ zu informieren. Um Boghdadi kristallisierte sich die erste erfolgversprechende Opposition, obwohl er sich offiziell völlig zurückzog und zeitweilig sogar unter Hausarrest stand. Von nun an ging es Schlag auf Schlag.

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