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Ein k. k. Zöllner

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… EIN K. K. ZÖLLNER. Vom Finanzw amtes Wien. Das Leben Franz Holzers. He Verlag, Wien 1961. 240 Seiten. Ganzlein

Der Nestor der österreichischen Publizistik, Rudolf Holzer, ist mit der Herausgabe der „Erinnerungen” seines Großvaters Franz Holzer (1820 bis 1899) einer glücklichen Idee gefolgt. Franz Holzer war ein „k. k. Zöllner”, der als Gefällswach- Oberaufseher 1840 seinen Dienst begann und 1881 als Zoll-Oberamts-Vizedirektor des Hauptzollamtes Wien und Kaiserlicher Rat beendete, nachdem er das alte Österreich und Ungarn von der bayrischen Grenze bis Tarnopol und von Bodenbach bis Orsova durchquert hatte. Die aus den k. k. Grenzjägern hervorgegangene Zollwache forderte einen aufreibenden Dienst und brachte neben vielerlei heiteren auch gefährliche Erlebnisse mit Schmugglern, Schleichhändlern, Schwarzbrennern, Steuer- hinterziehern und anderen Schädlingen der Staatsfinanzen. Franz Holzer stellte immer seinen Mann, und seine Laufbahn ist ein Beweis dafür, wie ein sauberer und korrekter Beamter, von den Vorgesetzten lediglich nach beruflicher Bewährung beurteilt, von der Pike bis zum Kaiserlichen Rat aufsteigen konnte. In seltenem Widerspruch zur Biedermeierzeit, „die sich am besten damit charakterisiert, daß das Leben und die Menschen immer ,Zeit’ hatten”, fand der Beamte Holzer nie Zeit, da ihn der Dienst restlos beanspruchte:

„ erkenne ich als einzige Gefährtin,

einzige treue Geliebte an meiner Seite durchs Leben zu gehen: die Pflicht.” Holzer ging wohl 1881 in Pension, doch achaufseher zum Direktor des Hauptzoll- rausgegeben von Rudolf Holzer. Grenzen. Preis 69 S.

keineswegs in den Ruhestand. Galt er doch in der Aktivität so sehr als Autorität, daß er zum Studium von Fachfragen nach Frankreich entsendet wurde, wirkte er im Ruhestand noch durch zwölf Jahre als Lehrer in der Handelsakademie und verfaßte allgemein geschätzte Lehrbücher. Das alles ist sehr lesenswert, kulturgeschichtlich interessant und bezeichnend tor den hohen Wert des mittleren Beamtentums, das der Masse gegenüber als der eigentliche praktische Vertreter der Staatsverwaltung auftritt. Wie auch schon in recht fernen Zeiten die Alten meist sehr zutreffend urteilten, zeigt Holzers Rückblick ,-,im Alter von 77 Jahren” (1897): „.. . man verwaltete und .regierte” entschieden einstens billiger. Wir haben einen Berg von Gesetzen. Durch die bestehenden gespannten sozialen Gegensätze wird man zur Frage gedrängt, ob von den gewährten Rechten und Freiheiten richtiger und vernünftiger Gebrauch gemacht werde? Ist den Volksvertretern das gemeinschaftliche Wohl eine Verpflichtung? Am Reiche nagt ein Wurm, der von Narren und Verrätern gezüchtet wird, als Volksvergiftung in die Massen gesät wird: der Nationalismus. Das Abgeordnetenhaus wird zum Tummelplatz eigennütziger nationaler Leidenschaften, zur Erlangung angeblicher Volksbeglückung, die nur zum Unglück von Mensch, Volk und Reich führen kann.”

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