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Treffpunkt jenseits der Schuld

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Gar nicht ungewöhnlich ist es, in einer amerikanischen Stadt zum Friseur zu gehen und dort vom Haarkünstler — falls man als Österreicher erkannt wird — in donauschwäbischer Mundart begrüßt zu werden. Die Donauschwaben, als Friseure schon im alten Österreich beliebt, konnten nach der Aussiedlung aus der alten Heimat dank ihrer Tüchtigkeit überall schnell Fuß fassen; natürlich nicht nur als Friseure!

Das Kolonistenblut der einst von Maria Theresia in das von den Türken verwüstet zurückgelassene Land gerufenen bewährt • sich eben auch heute noch. Die Generationen harter Kolonistenarbeit charakterisiert der Spruch: „Dem Ersten den Tod, dem Zweiten die Not, dem Dritten das Brot.“ Die gewaltsame Aussiedlung des Jahres 1945 setzte den Schußpunkt, die Nachkommen der Pioniere von damals mußten sich wieder auf den Weg ins Ungewisse machen. Ziel des großen Treffens der Donauschwaben ist in diesem Jahre Wien, einst Hauptstadt

eines mächtigen Reiches, unter dessen Schutz die Schwaben zwei Jahrhunderte friedlich leben konnten. Manche Österreicher der Gegenwart verbinden andere Bande mit den reinlichen Dörfern inmitten einer fruchtbaren Landschaft: eine große Zahl Wiener Kinder, heute längst erwachsen, wurden in den Hunger jähren nach dem ersten Weltkrieg liebevoll aufgenommen.

Über der Erinnerung für einst gewährte Hilfe wollen wir den Donauschwaben unsere Anerkennung nicht versagen: War schon in der alten Heimat die Zahl der dem Trommler in Berlin Folgenden nicht groß, so sind auch heute die Wiedersehenstreffen der alten Landsleute frei von störenden Nebentönen mancher anderen Vertriebenenkundgebung.

Die Donauschwaben haben einen Treffpunkt jenseits der Schuld gesucht und gefunden — dieser Treffpunkt sollte auch respektiert werden.

Und zwar von allen.

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