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VICTOR VON HAGEN / AUF VERGESSENEN STRASSEN

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„Der Geburt und der Staatsbürgerschaft nach Amerikaner, in den kulturellen Bindungen aber nach dem deutschsprachigen Raum orientiert.“ So charakterisiert Victor von Hagen, international anerkannter Ethnologe, Geograph und Autor, dessen Werkverzeichnis über fünfzig Buchtitel aufweist, die Tradition seiner Familie. Vor 125 Jahren hatte ein abenteuerlicher Vorfahr aus preußischen Adel nach einer Weltumseglung unter niederländischer Flagge schließlich in New York Fuß gefaßt, seither gibt es die „amerikanische Linie“ derer von Hagen. Victor von Hagen, der vor kurzem aus seinem europäischen Domizil in Rom zu Verlagsbesprechungen nach Wien kam, wuchs in seiner Geburtsstadt St. Louis bereits mit Englisch, Deutsch und Französisch auf.

Persönlichen Wagemut und Unternehmungsgeist mag Hagen von den Fuggern ererbt haben, die auch in seinem Stammbaum aufscheinen. Seine erste größere Arbeit schrieb er als junger Wissenschaftler nach dem Studium an den Universitäten von New York, Cambridge und Quito über die Kopf Jägerstämme in der Wildnis Ekuadors. Mit einem Handschreiben des Erzbischofs von Mexiko in der einen und einen Schutzbrief des Diktators in der anderen Tasche durchzog Hagen zu Beginn der dreißiger Jahre das von Revolutionswirren zerrissene Land und sammelte Material für ein Buch über die Geschichte der Papierfabrikatio-n bei den Mayas und den Azteken. Im Auftrag der Londoner „Zoological Society“ studierte er vor dem Krieg in Mexiko und Honduras die Lebensweise des Trogon, der zur selben Familie wie der den Azteken und Mayas heiligen Quezalvogels gehört.

Als zwei von Hagens deutschen Vettern, Offiziere der Wehrmacht, nach dem 20. Juli hingerichtet wurden, stand er selbst in amerikanischer Uniform im Pazifik. Jahrelange Forschungen in Lateinamerika resultierten in den Hauptwerken des fruchtbaren Autors, großangelegten Darstellungen über die alten Kulturen Mexikos und Perus, wobei sich der im amerikanischen Verlagswesen einmalige Fall ergab, daß die Bücher zuerst als „Paperbacks“ erschienen und dann, auf Grund des großen Verkaufserfolges, in respektablen Leinenbänden publiziert wurden, statt in umgekehrter Reihenfolge. Auch in deutscher Übersetzung finden „Die Wüstenkönigreiche Perus“, „Die Kultur der Mayas“, die „Sonnenkönigreiche“, „Das Reich der Inkas“ und „Die Welt der Azteken“ viel Beachtung.

Seit einiger Zeit laufen Hagens Vorarbeiten für ein Buch, dessen Grundlage die „Tabula Peutin-geriana“, die berühmte römische Straßenkarte ist. „Dieses Itine-rarium wurde schon oft wissenschaftlich bearbeitet, aber bisher hat noch niemand die darauf eingezeichneten Routen im praktischen“,Field Testing' neuerlich festgelegt.“

Vom „Goldenen Meilenstein“ im Forum Romanum, von dem aus im Römischen Reich alle Entfernungen gemessen wurden, nahm die „Roman Road Expedition“ ihren Ausgang.

Ein solches Vorhaben, das auf Jahre berechnet ist, kann nur in einzelnen Etappen verwirklicht werden. Hagen und sein Mitarbeiter wandten sich zunächst südwärts und fuhren auf den Marschrouten der Legionäre 1200 Meilen durch Tripolitanien und Tunesien.

Hagen, Weltbürger großer Epochen, Forscher, Praktiker und Erfolgsautor, kann seine Arbeit nicht lange unterbrechen: tausende Meilen von „vergessenen Straßen“ warten auf ihre Wiederentdeckung.

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