Keine Heimat. Nirgends.

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E nde Juli sind wir durch unsere fränkische Heimat gewandert. Wir machen das seit einigen Jahren in jedem Sommer: eine einzige erholsame und auch ein wenig regressive Rückkehr in die Schönheit einer liebenswerten, altbekannten Jura-Landschaft zwischen Bamberg, Nürnberg und Bayreuth. Ich lebe schon seit längerem nicht mehr hier. Ist es noch meine Heimat?

Heimat identifiziert Orte personal und Personen über Orte. Der Effekt ist schlagend: Diese Operationen heben die zeitliche Spaltung der Existenz in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auf. Man ist im glücklichen "nunc stans“, dem "zeitlosen Jetzt“. Alles scheint selbst-verständlich.

Freilich: Das gelingt immer nur kurz. Das eigentliche Heimatgefühl ist das Heimweh. Heimat ist meistens eine Leestelle, in die Heimat will man vor allem zurückkehren. Wahrscheinlich ist das Leben ein einziger Versuch der Beheimatung - der nie endet. "Unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir“, heißt es bei Augustinus. Das heißt im Klartext: Es gibt keine wirkliche Heimat, nirgends. "Du aber warst noch innerer als mein Innerstes und höher als mein Höchstes“, schreibt Augustinus auch und er spricht da zu Gott.

Familie, Kirche(n), Geburtsort oder gar "Heimatländer“: So schön es ist, wenn man sich in ihnen geborgen fühlen kann, sie sollten sich nicht zu der Heimat aufschwingen wollen. Es geht immer schlecht aus, wenn sie es versuchen, meistens werden sie dann totalitär.

"Heimat ist, wo man sich nicht erklären muss“, so eine schöne Definition. Ich denke, man ist in seiner Heimat, wenn man sich nicht erklären muss, selbst in dem, was man von sich selber nicht versteht. Ob es so eine Heimat gibt? Unter Menschen nur als kurzes, großes Geschenk von Menschen, die einen lieben.

Die Hoffnung auf mehr hält der Begriff "Gott“ fest.

Der Autor ist katholischer Pastoraltheologe an der Universität Graz

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