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Drastisch "Irgendwie löst sich das auf", stellt der Polizist Utterson fest, während sich "Dr. Jekyll & Mr. Hyde" im Wiener Schauspielhaus tatsächlich irgendwie auflöst. Einer der großen Mythen der Moderne versandet bei dieser Produktion der Wiener Festwochen, einer Dramatisierung der Story von Robert Louis Stevenson, einfach: Jekyll/Hyde wird nicht zur Strecke gebracht, sondern der böse Hyde hat den braven Jekyll besiegt und führt ihn als niedliches Häschen an der Leine fort. Jekylls Verlobte Ivy hat an der Bosheit und Brutalität Hydes Gefallen gefunden und der Verfolger Utterson hat den kleinen Hyde in sich selbst entdeckt - sie bleiben verstört zurück. Vorher geht es in der nicht immer verständlichen Regie von Jan Bosse drastisch zu: die Ästhetik von Splatter-Filmen wird zelebriert. Hut ab jedenfalls vor den Schauspielern: Linda Olsansky, Bjarne I. Mädel und vor allem Martin Engler als Jekyll/Hyde. Michael Krassnitzer Bacchantisch In Anbetracht der politischen Verhältnisse nach der Uraufführung 1925, nimmt es nicht wunder, daß es sich bei der Premiere von Carl Zuckmayers Lustspiel "Der fröhliche Weinberg" in den Linzer Kammerspielen um eine Estaufführung handelte. Mit einer hinreißend komödiantischen Inszenierung in anklingendem Rheinhessisch noch dazu. Dagmar Schlingmann erzählt die deftige Geschichte mit ihren trunkenen, lautstarken und liebestollen Höhepunkten mit viel Witz und Tiefenschärfe nach und versteht es, auch leise Zwischentöne einzubringen. In der Bühne von Christiane Dressler regieren Spiel- und Sangesfreude bis zum Happy End. Stellvertretend für das gesamte Ensemble sei Sven-Christian Habich in der zentralen Rolle des reichen Winzers Gunderloch genannt. Margret Czerni Fatalistisch Es lohnt sich nicht, einen Diktator umzubringen, der Nachfolger gleicht ihm aufs Haar, und die eigentliche Macht liegt beim Militär. Das ist der Kern von Erich Kästners "Die Schule der Diktatoren", aufgeführt vom Grazer Theater im Keller zum 100. Geburtstag des Autors. Die Entwürfe stammen aus der Nazi-Zeit, die Uraufführung erfolgte 1957 in München. Es ist eine lose Folge von bedrückenden Szenen in scharfer Sprache und präzisem Ablauf. Die kleine Bühne des Theaters im Keller ist fast leer, das Ensemble unter der Leitung von Alfred Haidacher spielt diszipliniert dieses Mahnmal gegen Diktaturen aller Richtungen, stellvertretend sei Willy Haring als eiskalter Arzt genannt. Christa Höller * Sexistisch Von Gewalt gegen Frauen und moderner Sklaverei - der Prostitution und dem Schicksal aus dem ehemaligen Ostblock gelockter und verschleppter Menschenware für das Rotlichtmilieu - erzählt Dimitre Dinevs Neuinterpretation von Euripides' "Die Troierinnen", das Stück "Russenhuhn" im Wiener Werkstätten- und Kulturhaus (WUK). Gespielt von einem mehrsprachigen Ensemble, wird der antike Mythos in Evelyn Fuchs' Inszenierung, wenn auch manchmal allzu plakativ, ungemein stimmig in eine um nichts weniger gewalttätige Gegenwart gerückt. In den Rollen der in einer schäbigen Absteige gefangenen Frauen. Es spielen unter anderen Irene Colin (Athene), Zdenka Prochazkova (Hekuba) und Sonja Graf (Kassandra), sowie Raimund Merker als besonders milieugerechter Zuhältertyp Poseidon. Annemarie Klinger

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