Kunst und Kultur - vom Land geprägt

Werbung
Werbung
Werbung

Vielfalt

Ob Regionalkrimi - verfilmt mit Erwin Steinhauer -, oder Festivals wie das "Glatt &Verkehrt Festival" oder das Garifuna-Collective beim Festival des Vereins KASUMAMA oder auch das ALMA Ensemble (v.l.n.r.) - die lange Liste der Kulturpreisträger 2017 macht die kulturelle Vielfalt in den Regionen sichtbar.

Feierlich

Im Rahmen einer Gala wurden vergangene Woche in St. Pölten alle Preisträgerinnen und Preisträger des Kulturpreis Niederösterreich geehrt.

Wie in den beliebten Regionalkrimis von Alfred Komarek hat sich die niederösterreichische Landschaft auch in Werke der österreichischen Fotografin Margherita Spiluttini eingeschrieben.

Simon Polt, der weinselige Columbo aus dem Pulkautal, ist ohne das Weinviertel nicht denkbar: Hier in den malerischen Kellergassen hat ihn sein "Erfinder", der Autor Alfred Komarek, angesiedelt, hier lässt er ihn in dunkle Mörderseelen und so manches Weinglaserl schauen.

Die Regionalkrimis von Alfred Komarek -verfilmt mit Erwin Steinhauer in der Hauptrolle -haben längst die niederösterreichische Kultur beeinflusst, aus der sie sich speisen: Simon Polt ist ein Gästemagnet für die Region.

Nur logisch, dass der diesjährige Würdigungspreisträger in der Kategorie Literatur des Kulturpreis Niederösterreich 2017 Alfred Komarek heißt. Das Verhältnis von Künstlerinnen und Künstlern mit Land und Landschaft, in der sie leben, erweist sich stets als fruchtbar für das künstlerische Werk -und die Region. Und es verbindet alle Künstlerinnen und Künstler, die am vergangenen Freitag mit dem Kulturpreis Niederösterreich 2017 ausgezeichnet wurden.

Nutzbarmachen, Kultivieren

Wie Komarek, dessen Verbundenheit zu Niederösterreich sich neben seinen Polt-Krimis auch in einer Reihe aus literarischen, essayistischen Reiseführern sowie einer Theaterproduktion "nachlesen" lässt, hat sich die niederösterreichische Landschaft auch in Werke der österreichischen Fotografin Margherita Spiluttini eingeschrieben, zum Beispiel in ihre Arbeit "99 Orte in Niederösterreich". Spiluttini legt großen Wert auf das Piktoriale. Sie hat die Erschließung der Landschaftsräume fotografisch dokumentiert, ihr Nutzbarmachen, ihr Kultivieren: Staudämme, Brücken und Seilbahnen. Das Wichtigste, so Spiluttini, sei für sie "die Komposition, der formale Aspekt des begrenzten Bildes, das irgendwie gefüllt werden muss. Das besteht dann aus Diagonalen, aus Hell-Dunkel, aus Waagrecht-Senkrecht". Gleichzeitig, so die Künstlerin, soll die inhaltliche Ebene aber immer der formalen vorstehen. Spiluttini wurde mit dem Würdigungspreis im Bereich Medienkunst (künstlerische Fotografie) ausgezeichnet.

Die Verleihung der Kulturpreise Niederösterreich -insgesamt wurden 24 Preise vergeben -fand im Rahmen einer feierlichen Gala im Festspielhaus St. Pölten statt. Der von Claudia Schubert moderierte Festakt wurde von der Jungen Bläserphilharmonie Niederösterreich und dem festlichen Klarinettenquartett musikalisch umrahmt.

"Kultur verbindet Kulturen"

Ausgezeichnet wurden, wie auch in den vergangenen Jahren, Künstlerinnen und Künstler aller Sparten: von der Musik, über die bildende und darstellende Kunst bis zu Medienkunst und Literatur. Auch der Bereich Erwachsenenbildung sowie "Volkskultur und Kulturinitiativen" wurden mitbedacht. Der diesjährige Sonderpreis stand unter dem Motto "Kultur verbindet Kulturen". In all diesen Kategorien wurden jeweils zwei Anerkennungspreise und ein Würdigungspreis vergeben.

Während im Bereich Literatur Alfred Komarek den Würdigungspreis erhielt, gingen hier die Anerkennungspreise an den gebürtigen Ybbser Richard Schuberth ("Karl Kraus -30 und drei Anstiftungen", Klever Verlag 2016) und die im niederösterreichischen Kirchstetten lebende Autorin Simone Hirth Seidl. Sie wurde mit dem Romandebüt "Lied über die geeignete Stelle für eine Notunterkunft"(Kremayr & Scheriau 2016) bekannt.

In der Kategorie Medienkunst (Künstlerische Fotografie), in der Spiluttini den Würdigungspreis erhielt, gingen die Anerkennungspreise an Caroline Heider und Michael Part. Die abwechselnd in Wien und Hainburg an der Donau lebende Caroline Heider hinterfragt in ihrer Arbeit die traditionelle Romantisierung von Landschaftsfotografie. Der in Raabs und Waidhofen an der Thaya aufgewachsene Künstler Michael Part hingegen interessiert sich für den Entstehungsprozess der analogen fotografischen Technik. Er zelebriert in seiner künstlerischen Arbeit die Langsamkeit. Ist das nicht auch eine Analogie zum entschleunigten Leben im Waldviertel?

Zentrum des künstlerischen Schaffens von Jakob Gasteiger ist das Weinviertel, er wurde in der Kategorie Bildende Kunst gewürdigt. Neben Gemälden bilden Papierarbeiten den Schwerpunkt seiner minimalistischen wie facettenreichen Arbeit. Mit den Anerkennungspreisen in dieser Kategorie wurden Barbara Kapusta und Stefan Zsaitsits ausgezeichnet.

Opern in der Apotheke

In ganz anderer Weise prägen die Theatermacher ihre Regionen: Johann Kropfreiter bringt, nicht nur im Rahmen des Niederösterreichischen Theatersommers, Hochwertiges auf die Bühne. Durch sein Engagement fördert Kropfreiter Amstetten als Heimat hochkarätiger Musicalproduktionen, die auch den Weg in renommierte Spielstätten finden. Mit Kropfreiter erhielt ein leidenschaftlicher Theatermann den Würdigungspreis. Den Anerkennungspreis im Bereich Darstellender Kunst bekam Anna Katharina Bernreitner, die Oper an ungewöhnliche Spielorte bringt - ins Wirtshaus, in eine Apotheke oder gar ins Schwimmbad. Der zweite Anerkennungspreis im Bereich Darstellende Kunst ging an Johannes C. Hoflehner. Er profilierte sich unter anderem als Intendant am Theater Forum Schwechat oder beim ersten Niederösterreichischen Donaufestival als Chefdramaturg und Produktionsleiter der Sparte Avantgarde.

Was wäre aber Niederösterreichs Kulturlandschaft ohne Musik? Gleich zwei große Festivals hat Josef Aichinger auf die Beine gestellt und wurde so mit dem Würdigungspreis für Musik bedacht: das Osterfestival "ImagoDei" in der Minoritenkirche Krems und "Glatt&Verkehrt" in Krems. Aichinger wollte "etwas ausrichten, das von den traditionellen Formen ethnischer Musik bzw. Volksmusik ausgeht und gleichzeitig auf die Besonderheiten der Region eingeht".

Mit den Anerkennungspreisen in der Kategorie Musik wurden die Organistin, Pianistin und Cembalistin Ines Schüttengruber sowie die in Kritzenorf lebende Komponistin, Pianistin und Performerin Judith Unterpertinger ausgezeichnet.

Auf den Zusammenhang von Kultur und Bildung zeigen die Preise in der Kategorie Erwachsenenbildung: Sie gingen an Edith Schroll und das Katholische Bildungswerk der Diözese St. Pölten. Mit dem Würdigungspreis wurde das sozialwissenschaftliche und pädagogische Tun der Wirtschaftswissenschaftlerin Gudrun Biffl gewürdigt, die sich ihrem Kernthema der Migration und Globalisierung "nicht im Elfenbeinturm" nähert, sondern an der Realität ansetzt.

Die Preise für Volkskultur und Kulturinitiativen gingen an Edda Mayer-Welley, ALMA und den Jazzclub Drosendorf. Während das Ensemble ALMA traditionelle Weisen und Melodien bewahrt und neu interpretiert, dienen das Wirtshaus von Edda Mayer-Welly und der Jazzclub Drosendorf als Forum für Kulturschaffende und fördern niederschwelligen Kunstkonsum: Mayer-Welly bringt gutes Essen und Trinken mit Kultur zusammen, der JazzClub Drosendorf versammelt allmonatlich die Jazzfreunde des Waldviertels im einstigen Rübenkeller.

Nachhaltig und prägend

Der Sonderpreis "Kultur verbindet Kulturen" wurde an die BiondekBühne Baden und den Verein Grenzenlos St. Andrä-Wördern vergeben. Mit dem Würdigungspreis wurde der Verein KASUMAMA ausgezeichnet, der sich in Integrationsbelangen verdient gemacht hat -unter anderem mit dem Afrika Festival in Moorbad Harbach.

Die lange Liste der Kulturpreisträgerinnen und Kulturpreisträger zeigt, wie prägend und nachhaltig die Synergien von Kultur und Landschaft sein können. Oder können Sie sich die Weinviertler Kellergassen ohne Komareks Gendarmen vorstellen? <<>>

'Kultur verbindet Kulturen' - mit diesem sonderpreis wurden heuer initiativen ausgezeichnet, die den interkulturellen Dialog fördern und in der Kultur eine völkerverbindende chance sehen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung