Landesvater, selbst in der Sauna

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Ein richtiger Oberösterreicher über einen wichtigen Oberösterreicher: Hubert Feichtlbauer porträtiert Josef Pühringer.

Hermann schreib auf!" Dieses Mal konnte der Büroleiter des oberösterreichischen Landeshauptmanns der Anordnung beim besten Willen nicht Folge leisten. Beide saßen nämlich gerade pudelnackt und ohne Notizblock und Schreibwerkzeug in der Sauna. Selbst bei 90 Grad Hitze und wenige Minuten vor dem Aufguss wird Josef Pühringer noch mit Anliegen seiner Landsleute konfrontiert. Und merkt sie sich sogar - auch ohne Aufschreiben.

Damit weniger hitzige Episoden aus dem Berufsalltag des Landeshauptmanns ebenfalls in Erinnerung bleiben, hat Hubert Feichtlbauer eine Biografie über Josef Pühringer verfasst. "Mit Augenmaß und Leidenschaft" ist das Buch untertitelt. Diese Attribute gelten in zweifacher Hinsicht: Mit Augenmaß und Leidenschaft von Feichtlbauer beschrieben, wird das Politikerleben Pühringers, das geprägt ist von Augenmaß und Leidenschaft, anschaulich gemacht. Doch ein Oberösterreicher beschreibt in diesem Band nicht nur einen anderen Oberösterreicher, sondern auch Oberösterreich- das Land, seine Eigen- und vor allem Besonderheiten werden ausführlich dargestellt. Und Feichtlbauer wäre nicht der politische Kopf, als den ihn seine Leserinnen und Leser kennen und schätzen, würde er nicht die Biografie eines Landeshauptmanns dazu nützen, wohlwollend kritische Fragen an das föderalistische Prinzip in Österreich zu stellen.

Josef Pühringer ist ihm bei diesem Anliegen ein kongenialer Partner, indem er daran erinnert, dass der Bundesstaat Österreich durch einen freien Willensakt der Bundesländer geschaffen wurde - nicht umgekehrt: "Wir sind die Mutter, der Bund ist Sohn oder Tochter." Das bedeutet nicht, dass Pühringer Reformen des bundesstaatlichen Aufbaus von vornherein ablehnend gegenüber steht. Mit einer Einschränkung: "Reform darf nicht irrtümlich mit neuem Zentralismus übersetzt werden."

Was Pühringer beim Bundesstaat nicht gelten lässt, kommt ihm auch bei seiner konkreten Amtsführung nicht in den Sinn. Der Landeshauptmann ist kein allwissendes Zentralorgan, gibt er freimütig zu: "Wir wissen ja alle, dass es nicht leicht ist, wenn jemand sagt: Hören Sie, das ist ein Blödsinn!' oder Mach das anders!'. Das zehrt an den Kräften. Aber ich glaube, dass ich mir die Fähigkeit bewahrt habe, über Kritik nüchtern nachzudenken."

Diese Nüchternheit zeigt Pühringer auch in der Diskussion um die Direktwahl des Landeshauptmanns. Ein großer persönlicher Triumph wäre dem seit 1995 amtierenden Pühringer gewiss. Trotzdem gibt er zu bedenken, dass "der Landeshauptmann, damit er vernünftig arbeiten kann, auch eine starke Fraktion braucht". Und er schließt mit der Warnung: "Die Versuchung, den Landeshauptmann als Person zu wählen und die Landtagsstimme einer anderen Partei zu geben, ist politisch brandgefährlich."

Feichtlbauer zitiert im Abschnitt über Pühringers Fähigkeit zur Teamarbeit Robert Musil: "Man hat Freunde, damit man nicht eitel wird." Pühringer hat zudem noch seine Familie, die ihn am Boden hält. Viel einbremsen müssen Frau und Kinder den mitunter recht ungeduldigen Sepp Pühringer aber in dieser Beziehung sowieso nicht. Allüren jedweder Art liegen dem gebürtigen Trauner fern. Manchmal übertreibt er es eher mit der Bescheidenheit, wenn er z. B. partout auf Urlaub im Wohnwagen besteht und dem Rest des Clans nicht einmal ein kleines Holzhäuschen am Mondsee gönnt. Da braucht es dann auch nicht zu verwundern, wenn ein deutscher Urlaubsgast den im Café umhereilenden Landeshauptmann einmal für den Kellner hält und die Bestellung bei ihm aufgibt. Aber nicht nur in der Sauna stellt Pühringer seinen Landeshauptmann - auch Kaffee und Sahnekuchen werden prompt serviert.

Josef Pühringer

Augenmaß und Leidenschaft

Von Hubert Feichtlbauer, Trauner Verlag, Linz 2002, 265 Seiten, geb., mit zahlreichen Abb., e 14,80

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