Die Politik unterm Bügeltisch gelernt

Werbung
Werbung
Werbung

So war das damals, in den 50er Jahren in Traun in Oberösterreich: Da saß der kleine Seppi im Schneiderzimmer unterm Bügeltisch und lauschte spitzen Ohres den Diskussionen des Vaters, des Ortsobmanns der ÖVP, mit seinen Parteikollegen. „Es hat mich fasziniert“, erinnert sich Josef Pühringer, heute zur Wiederwahl stehender Landeshauptmann. Ein vorgezeichneter Lebensweg? Nein, sagt Pühringer, um gleich darauf einzuschränken, dass der Papa ihn 1967 wohl nur deshalb zur Parteimitgliedschaft drängte, weil damals die Jugend der ÖVP davonlief. Viel Ereignisreiches und Anekdotisches hat sich seither im Leben des Josef Pühringer angesammelt. Genug jedenfalls, um stundenlange Gespräche zu füllen, mit den Autoren Hubert Feichtlbauer und Christine Haiden. Heraus kam dabei das 200 Seiten umfassende Gesprächsprotokoll, „Josef Pühringer – was mir wichtig ist“.

Dass Politik süchtig macht, stellt Pühringer eingangs fest und verknüpft es gleich mit dem ländlichen Sinnspruch: „Wenn du einmal im Laufen bist, bremst du ungern.“

So lief er also über die Jahrzehnte die Karriereleiter hinauf und ließ so manchen hinter sich. Auch Christoph Leitl, heute WKÖ-Präsident, der im Rennen um die Nachfolge Josef Ratzenböcks unterlag. „Leitl und mich hat immer, auch in der damaligen Situation, eine Freundschaft verbunden. Ich rechne ihm hoch an, dass er die Entscheidung vom ersten Tag an akzeptiert hat.“

Josef Pühringer ist ein Mann der festen Prinzipien, so sieht er sich zumindest selbst. Dazu gehört sein christliches Weltbild und sein Bekenntnis zur Demokratie. In der Verneinungsform formuliert er das so: „Zwei Dinge kann ich mir auf der Welt nicht vorstellen: Erstens, dass ich aus der Kirche austrete, und zweitens, dass ich aus der Volkspartei austrete.“

Die Interviews spannen einen weiten Bogen von den prägenden Erlebnissen der Jugend über die Bildungspolitik bis hin zur aktuellen Wirtschaftskrise. Dazwischen blitzt der Wille zu parteiinterner Vergangenheitsbewältigung auf: „Dass Dollfuß kein glühender Demokrat war, darüber zu diskutieren wäre dumm, auch von einem ÖVPler.“

Er sei dafür, die Klärung der offenen historischen Fragen der Zwischenkriegszeit der Wissenschaft zu überlassen um dann daraus die Konsequenzen zu ziehen. Dass der Mann durch und durch Pragmatiker ist, zeigt sich im Umgang mit der Grünen Partei in der Landesregierung: In weltanschaulichen Fragen gäbe es Differenzen, doch der Vorteil der Landeskoalition sei: „Wir müssen uns hier nicht über Homo-Ehe und linke Umverteilungsprobleme unterhalten, das nimmt uns die Bundespolitik ab.“ In der Krise sieht Pühringer eher einen legistischen Auftrag als einen moralischen: „Die Gauner waren klüger als die Prüfer. Dort liegt das Grundproblem. Ich bin für eine Verschärfung der Finanzaufsicht.“

Bleibt noch die Frage des Rückzugs: „Ich gehe dereinst sicher zu einem Zeitpunkt, wenn die Menschen sagen: Schade dass er geht, und nicht, wenn sie sagen: Jetzt ist es aber Zeit, dass er geht.“ – Dereinst wird man sehen. (tan)

Was mir wichtig ist

Josef Pühringer im Gespräch mit Christine Haiden und Hubert Feichtlbauer

Styria 2009, geb., 208 S., e 24,95

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung