„Keine Alternative für die ÖVP“

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Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer zur Krise der ÖVP vor dem Bundesparteitag und ein Jahr vor den eigenen Landtagswahlen.

Lernen von Barack Obamas Triumph? Könne man immer, meinte Josef Pühringer anlässlich der US-Wahlen sowie im Hinblick auf ein Jahr, in dem er selbst einen Wahlkampf zu schlagen hat: „Obama hat sicherlich ein besonderes Charisma“, so der VP-Landeschef. Doch wie Begeisterung wecken für eine neue Große Koalition, für Josef Prölls Kurs und jenen im eigenen Land?

Die Furche: Herr Landeshauptmann, die neue Große Koalition scheint in der Zielgeraden. Man wird sie aber kaum als Wandel und Hoffnungsträger verkaufen können.

Josef Pühringer: Ich wüsste ehrlich gesagt nicht, welche Konstellation nach dieser Nationalratswahl einen besonderen Charme hätte. Da ist nichts am Horizont, das als besonderer Wandel oder Innovation gesehen werden kann. Aber ich bin pragmatisch: Wenn die beiden Großparteien eine vernünftige Basis in der zukünftigen Zusammenarbeit finden, dann sollten sie zusammengehen. Ich glaube aber, dass die derzeitige Wirtschaftssituation Handeln erfordert. Jetzt ist die Stunde, wo Staatsinteressen ganz eindeutig vor parteipolitische Überlegungen gestellt werden müssen.

Die Furche: Also, eine Große Koalition als Staatsräson.

Pühringer: Nicht um jeden Preis.

Die Furche: Wann wäre der Preis zu hoch?

Pühringer: Wenn man sich etwa in der Finanz- und Beschäftigungspolitik nicht einigen kann oder wenn es einen grundlegenden Dissens in der Europapolitik gibt.

Die Furche: Es gibt bereits eine Einigung bei der Steuerreform. Sind Sie mit dem Volumen von 2,7 Mrd. Euro zufrieden?

Pühringer: Grundsätzlich ja. Aber entscheidend ist, dass die Entlastung dort passiert, wo es dringend erforderlich ist: bei Familien mit Kindern und beim Mittelstand.

Die Furche: Der Dissens in der Europapolitik scheint aber ungelöst. Müsste die SPÖ von ihrem EU-Kurs abrücken?

Pühringer: Es müssen in einer Koalition beide aufeinander zugehen. Die ÖVP hat bereits eine Vorleistung erbracht: Sie hat zugestimmt, dass die Defizitgrenze von drei Prozent nach Maastricht auch überschritten werden kann.

Die Furche: Befürchten Sie, dass nun die ÖVP stärker nachgibt, so wie beim letzten Koalitionsabkommen die SPÖ?

Pühringer: Angst ist ein schlechter Ratgeber. Natürlich muss Sepp Pröll mit seinem Team gut agieren. Es darf nicht sein, dass am Ende des Kompromisses – und eine Koalition ist ein Kompromiss – ein Sieger und ein Verlierer rauskommen.

Die Furche: Wie zufrieden sind Sie mit Josef Prölls bisheriger Leistung? Sitzt er fest im Sattel?

Pühringer: Josef Pröll war die logische Personalreserve. Es gibt zu ihm keine Alternative: Er passt vom Alter; er hat als Minister bewiesen, dass er es kann; er hat in der Perspektivengruppe bewiesen, das er auch ein mutiger Vorangeher ist und er ist ein Typ, der auch über das nötige Charisma verfügt.

Die Furche: Aber er war wesentlicher Teil der alten Regierung.

Pühringer: Er hat sein Ressort gut geführt. Er hat nicht zu jenen gehört, die in Neuwahlen gedrängt haben.

Die Furche: Pröll gilt als Motor eines liberal-urbaneren Flügels in der VP. Ist das der richtige Weg für eine programmatische Neugestaltung?

Pühringer: Die Partei muss sich ändern, ohne ihre Fundamente zu beschädigen und ohne Werte über Bord zu werden. Es ist sicher eine Stärke von Josef Pröll, dass er ein modernes Bild vermitteln kann.

Die Furche: Wie weit darf das moderne Bild gehen? Pröll tritt etwa für ein Lebenspartnerschaftsgesetz ein.

Pühringer: Das ist doch ein Randthema. Was die Menschen jetzt wirklich berührt sind Vollbeschäftigung, Lösungen für die Konjunkturschwäche, Investitionen in Forschung, Entwicklung und vor allem Bildung. Eine Gleichstellung der „Homo-Partnerschaft“ mit der Ehe kommt für mich nicht in Frage. Keine Diskriminierung, aber keine Gleichstellung mit der Ehe.

Die Furche: Pröll ist gerade dabei, die Basis auf seinen Kurs zu bringen. Die Steirer geben sich widerspenstig. Wie ist die Stimmung zwei Wochen vor dem Parteitag?

Pühringer: Es war eine schwierige Situation unmittelbar nach der Wahl. Natürlich sehen die Funktionäre nun eine 26 Prozent-Partei vor sich – wo sind wir hingekommen? Durch Josef Pröll verspüre ich aber auch eine gewisse Aufbruchstimmung. Die Zustimmung zur Großen Koalition kann erst beurteilt werden, wenn das Ergebnis vorliegt. All jene, die in die Opposition drängen, müssen wissen: Wir sind schon einmal in der Opposition gewesen und 16 Jahre nicht mehr rausgekommen (1970-1986). Zudem glaube ich, dass die Alternative zur Großen Koalition die SPÖ-Minderheitsregierung wäre, und dann gibt es wieder Wahlen, die ich mir nicht wünsche.

Die Furche: Die Sie vor allem in einem Jahr, wenn Sie Landtagswahlen zu schlagen haben, nicht brauchen können. Die Rahmenbedingungen sind ja nicht so rosig: die Finanzkrise, die Bundespolitik.

Pühringer: Unsere Ausgangsposition ist landespolitisch eine sehr gute. So muss ein Land einmal dastehen wie Oberösterreich – mit der geringsten Arbeitslosigkeit, mit dem größten Wirtschaftswachstum und der höchsten Exportquote von allen Bundesländern. Dennoch: Vom Bund wünsche ich mir, dass er uns nicht wieder in die Suppe spuckt so wie 2003, mit einer Pensionsreform, mit der Eurofighter-Entscheidung und der VOEST-Privatisierung. Wir haben in dieser Hinsicht genügend mitgemacht. Ich hoffe, dass wir diesmal eine landespolitische Auseinandersetzung führen können.

Die Furche: Bei den Nationalratswahlen verlor die ÖVP in Oberösterreich 8,4 Prozent und liegt nun bei 26,8 Prozent. Die SPÖ liegt etwas deutlicher vorne als zuvor.

Pühringer: Das beunruhigt mich weniger, denn bei den meisten Nationalratswahlen seit 1970 lag die SPÖ vorne. Was mich aber mehr beunruhigt, ist, dass wir bei Bundeswahlen als VP – auch in Oberösterreich – keine Großpartei, sondern eine Mittelpartei sind. Das ist rasch wieder zu ändern.

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