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Die Volkspartei will 1998 den Kanzler stellen

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Ein Jahr im Amt ist Niederösterreichs Landesregierung nach der Landtagswahl vom Mai 1993. Landeshauptmann Erwin Pröll zieht Bilanz -und blickt in die Zukunft.

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Ein Jahr im Amt ist Niederösterreichs Landesregierung nach der Landtagswahl vom Mai 1993. Landeshauptmann Erwin Pröll zieht Bilanz -und blickt in die Zukunft.

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Wenn Stabilität und Sicherheit für Österreich auf dem Weg ins größere Europa gefragt ist, dann kann der Wähler auf eine starke ÖVP nicht verzichten!” -Erwin Pröll, Landeshauptmann Niederösterreichs und Stellvertreter Erhard Buseks als ÖVP-Bundespar-teiobmann, gibt sich im furche-Ge-spräch im Hinblick auf die Nationalratswahl im Oktober optimistisch -auch was die Langzeit-Perspektive anbelangt: „Aufgrund des Verhaltens der Haider-FPÖ hat sich die ÖVP als einzige bürgerliche Alternative herauskristallisiert. Das gibt mir die berechtigte Hoffnung, bei der kommenden Nationalratswahl stärker zu werden und eine Grundlage dafür zu legen, daß wir danach sagen können, wir wollen nach der nächsten Wahl den Bundeskanzler stellen.” Dies sei auch aus der Position des Juniorpartners in einer Großen Koalition heraus möglich, meint der Landeshauptmann, der dabei auf das Beispiel Alois Mocks verweist: Dieser verkörpere wie kein anderer die Europakompetenz, „noch einige solche Pluspunkte und wir können das Profil unserer Partei derartig in den Vordergrund stellen, daß wir dieses Ziel erreichen können.”

Knapp ein Jahr nach der niederösterreichischen Landtagswahl hat Pröll seinen Optimismus wiedergefunden. Der Verlust von rund 35.000 Wählerstimmen gegenüber dem

Jahre 1988 wurde am Abend des 16. Mai 1993 allgemein als Niederlage Prölls interpretiert: trotz (oder vielleicht gerade wegen) einer überaus professionellen Werbekampagne verspielte die ÖVP die absolute Mehrheit im Landtag, erstmals zogen die Freiheitlichen in die Landesregierung ein und das Liberale Forum schaffte aus dem Stand den Einzug in den Landtag. Dennoch: gemessen etwa an seinem Salzburger Parteifreund und Amtskollegen Hans Katschthaler, den auch der Verlust von 5,4 Prozentpunkten im März 1994 nicht erschüttern konnte, schnitt Erwin Pröll mit einem Minus von 3,3 Prozentpunkten respektabel ab. Zumal das Liberale Forum in Niederösterreich noch von der ersten Gründungs-Euphorie sowie von dem - von Pröll selbst forcierten -minderheitenfreundlichen neuen Wahlrecht profitiert hatte.

Den für Niederösterreich ungewohnten pluralistischen Verhältnissen - bis 1988 waren bloß ÖVP und SPÖ im Landtag vertreten - kann Pröll durchaus positive Seiten abgewinnen. Im furche-Interview lobt der Landeshauptmann das „gute Gesprächsklima in der Landesregierung und im Landtag - gerade auch, was die FPÖ und das Liberale Forum anbelangt.” Dies sei auch, so der Landeshauptmann, die Grundvoraussetzung für die -aus seiner Sicht - erzielten Erfolge seit seiner Wiederwahl: „Im österreichweiten Vergleich haben wir bei den Wirtschaftsdaten mittlerweile die Tabellenführung übernommen.”

Eine nicht unwesentliche Rolle dabei spiele seine „aktive und eigenständige Landesaußenpolitik”, wie Pröll nicht ohne Stolz anmerkt: in den letzten eineinhalb Jahren habe er rund 50 Auslandskontakte gepflegt, darunter auch mit den Regierungs-Chefs und Ministerpräsidenten der Nachbarstaaten sowie mit den EU-Institutionen in Brüssel. Gerade angesichts des nach wie vor vorhandenen „Eisernen Vorhanges in den Köpfen” sei eine aktive Haltung gegenüber den östlichen und nördlichen Nachbarn wichtiger denn je. So hofft auch Pröll darauf, daß die leidige Frage der - fehlenden - Grenzübergänge zur Slowakei bald gelöst werden kann: zunächst mit neuen Grenzübergängen für Radfahrer und Fußgänger, später auch für den motorisierten Verkehr.

In Diplomatie übt sich Pröll auch, wenn er auf das nicht immer friktionsfreie Verhältnis zur Bundeshauptstadt angesprochen wird und

- durchaus glaubhaft

- versichert: „Mit Bürgermeister Helmut Zilk befinde ich mich auf einer Wellenlänge. Wir haben von Anfang an darauf geschaut, Spannungen gar nicht erst aufkommen zu lassen. Und ich habe auch ein ausgezeichnetes Gesprächsverhältnis mit Stadtrat Michael Häupl. Wenn es so wird, wie es den Anschein hat, daß er nämlich neuer Wiener Bürgermeister wird, dann sehe ich mit viel Optimismus in die Zukunft.” Die Streitpunkte zwischen Niederösterreich und Wien seien alle am Wege der Lösung: „In der Verkehrsfrage wird die Stadt Wien die Ausweitung des Parkpickerls nicht allzu rasch verfolgen, damit wir die Gelegenheit haben, inzwischen zusätzliche ,Park-and-ride-An-lagen' zu bauen. Der sogenannte Stromkrieg ist derzeit nicht aktuell, und die Finanzierung der Fremdpatienten sollte bei der Reform der Spitalsfinanzierung gelöst werden

Vönnon

Auch in der Bundespolitik will Pröll weiter aktiv mitmischen. Entgegen früheren Andeutungen, er werde sich auf seine landespolitische Aufgabe konzentrieren, erklärte er im furche-Gespräch, auch nach dem ÖVP-Bundesparteitag im Frühjahr 1995 als stellvertretender ÖVP-Bundesparteiobmann zur Verfügung zu stehen: „Nach meiner Beurteilung funktioniert die Arbeitsteilung zwischen Erhard Busek und mir exzellent. Ich sehe daher keinen Grund, das Arbeitsverhältnis mit ihm zu überdenken, wir könnten das konsequent weiterführen.”

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