Der eigentliche Gegenstand von Gregors Buch ist die Darstellung des großen geistigen Erbes Hauptmanns, das zu nützen zweifellos eine bedeutende Aufgabe sowohl für das Theater wie auch für die Forschung ist. E6 ist nur natürlich, daß dieses Buch eine Theaterwissenschafters das dramatische Werk des Dichters in den Vordergrund rüdet, wie es ja überhaupt die Ansicht des Verfassers ist, daß sich Hauptmann mehr in dramatischer als in epischer Form erfüllt hat. .Dieses Buch will den Beweis erbringen , 6agt der Autor, .daß unseT geistiger, dichterischer Reichtum um die Wende des vielgelä6terten 19. Jahrhunderts nicht geringer war als hundert Jahre vorher. Es will versuchen, dies im Bilde des letzten großen Dramatikers der Weltbühne durchzuführen, und der Bühne von heute zu zeigen, was sie besaß und was eie auch heute noch besitzen könnte.“
Unter Ausschluß des rein Biographischen berichtet der Verfasser von der thematischen und figuralen Leitmotivik dieses sehr verzweigten Dichterwerkes und vermag in ausgezeichneter Darstellungsweise die großen geistigen Bögen sichtbar zu machen, die alle Werke Hauptmanns durchziehen. Ich 6ehe den eigentlichen Gewinn von Gregors Buch gerade in der Mitteilung solcher gegenseitiger Werkbezüge. da der Leser aus dieser Monographie wohl überhaupt zum erstenmal eine Vorstellung von der Haupimann eigentümlichen Arbeitsweise bekommt. Diese Arbeitsweise ist nach Gregors geistreichen Gedanken die eines Rhapsoden. Damit will der Verfasser sagen, daß das Wesen von Hauptmanns Schaffen kein planmäßiges Fortführen und Durcharbeiten der Motive, sondern eher das Aufklingen einer großen Rhapsodie ist.
Es sei nicht verschwiegen, daß das Buch seinen besonderen Wert durch die Tatsache gewinnt, daß es von einem Manne abgefaßt wurde, der nach jahrzehntelangem geistigem Austausch gerade im letzten Jahrzehnt von Hauptmanns reichem Leben zum inneren Freundeskreis des Dichter gehörte. Eine Gesamtbewertung des in einem flüssigen, den Leser stets bei Interesse haltenden Stil abgefaßten Buches muß besondere betonen, daß es in vorzüglichem Maße geeignet ist, die heute etwas gelockerte Bindung zwischen Gerhart Hauptmann und der literarisch interessierten Öffentlichkeit zu festigen.
