Otto "Rehakles" zum griechischen Zeus erkoren

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Es klingt wie ein antikes Heldenepos: Als belächelte Außenseiter reisten die Griechen zur Fußball-Europameisterschaft - und räumten reihenweise viel besungene Favoriten aus dem Weg. Zuletzt erkämpfte die nicht schön, aber äußerst effektiv aufspielende Elf den Titel im Finale gegen Gastgeber Portugal. Als die Recken am Montag Abend in ihre Heimat zurückkehrten, bereiteten ihnen hunderttausende entfesselte Fans einen triumphalen Empfang. Verantwortlich für das "Wunder von Lissabon" ist ein Deutscher: Otto Rehhagel.

Der Unzerbrechliche

Schon als sich das griechische Team für die EM qualifizierte, wurde der Trainer von den Hellenen in den Rang eines Heiligen erhoben: In Athen kann es durchaus passieren, dass sich Menschen bekreuzigen, wenn sie ihm auf der Straße begegnen. Der nunmehrige Erfolg hat Rehhagel in eine noch höhere Liga katapultiert: in die Reihen der Götter. "Der neue Zeus heißt Otto" titelte eine griechische Zeitung. Am treffendsten ist aber die großartige Wortschöpfung "Rehakles" - ein Name, den er wohl nicht mehr loswerden wird. Denn auch der antike Heros Herakles verfügte über einen unzerbrechlichen (Abwehr-)Schild, meisterte eine Reihe von schier unbewältigbaren Aufgaben und wurde schließlich als Gott in den Olymp aufgenommen. Das System, mit dem Rehhagel die gegnerischen Mannschaften zermürbte, ist ebenfalls ziemlich antik: Auf internationalem Parkett arbeitet seit vielen Jahren kein Fußballtrainer mehr mit Libero und Manndeckung.

Als Trainer wurde der am 9. August 1938 im Ruhrpott geborene Sohn eines Bergmannes mit Werder Bremen zweimal deutscher Meister (1988 und 1993); 1992 gewann er mit den Hanseaten den Pokal der Pokalsieger. 1997 führte er den 1. FC Kaiserslautern von der zweiten in die erste Liga und im Jahr darauf gleich zum Meis-tertitel, seinem dritten. Nach zwei unrühmlichen Abgängen schien Rehhagels Karriere am Ende und er heuerte, scheinbar im Abseits, in Griechenland an.

Dort musste Rehakles wie sein Namensgeber einen Augiasstall ausmisten. Er setzte dem Ein-fluss intriganter Vereinsfürsten in der griechischen Nationalmannschaft ein Ende und entfernte Spieler, die sich dem Trainer nicht unterordnen wollten, aus dem Kader. Obwohl Rehhagel nach wie vor nicht griechisch spricht, stellte sich bald der Erfolg ein: die bislang fußballerisch bedeutungslose griechische Elf blieb vor der EM für 15 Spiele ungeschlagen.

Auf der Spitze des Olymp

Spätestens nach der Eroberung des EM-Titels avancierte der sympathische und bescheidene Trainer zum Favoriten für das Amt des deutschen Bundestrainers. Doch Montag Abend hieß es, er habe seinen Vertrag mit dem griechischen Fußballverband bis 2008 verlängert. Wer verlässt schon gerne ein schönes und warmes Land, in dem er im wahrsten Sinne des Wortes in den Olymp erhoben wurde? Dass Rehakles seine Kräfte nun nicht in den Dienst der dahinsiechenden deutschen Mannschaft stellt, mag aber auch eine Folge der Schmach sein, dass er 1995 zum deutschen Spitzenclub Bayern München gelockt, aber nach zehn Monaten geschasst wurde.

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