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Probleme der Moraltheologie

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Christliche Moral in der Krise der Zeit. Probleme des christlichen Moralunterrichtes. Von Jacques Leclerq. Verlag Benzinger, Einsiedeln. 306 Seiten. Preis 15.60 sfrs.

In der Entwicklung der theologischen Wissenschaft tritt ebenso wie in der anderer Wissenschaften niemals ein Stillstand ein. Es gibt Zeiten, in denen die Entwicklung nur sehr langsam und kaum merklich voranschreitet, es gibt aber auch Zeiten, in denen beinahe alles in Bewegung ist. Dies sind vor allem die großen Krisenzeiten.

Darum kann es nicht wundernehmen, wenn heute gerade die katholische Sittenlehre in einer inneren Entwicklung und Entfaltung steht. Natürlich bleiben die Grundsätze der katholischen Sittenlehre zu allen Zeiten dieselben, die Art und Weise jedoch, sie darzustellen und zu begründen, kann eine Vertiefung und Erweiterung erfahren. Ebenso tauchen neue Probleme auf, auf die die Grundprinzipien zum ersten Male anzuwenden sind.

Im vorliegenden Werk wird nun von dem französischen Theologen Leclerq erschöpfend dargetan, welches die Anliegen einer zeitgemäßen Darstellung der katholischen Sittenlehre sind. Die Fragestellungen sind allen, die sich mit katholischer Moraltheologie befassen, zur Genüge bekannt. Eine Reihe von Handbüchern der katholischen Moraltheologie haben bereits Versuche unternommen, den Zeitforderungen sowohl in der Anlage des Gesamtaufbaues als auch in der Behandlung der einzelnen Fragen gerecht zu werden.

Vor allem sind es die nachstehenden Forderungen, die an eine zeitgemäße Moraltheologie gestellt werden: 1. Die Moraltheologie muß die spezifisch christlichen Forderungen an das sittliche Leben des gläubigen Menschen aufzeigen und den allgemeinen sittlichen Normen des Naturrechtes gegenüber klar abgrenzen. 2. Die Moraltheologie soll in erhöhterem Maße als bisher die Wissenschaft der positiven sittlichen Normen und nicht nur Sündenmoral sein. 3. Die Moraltheologie muß stärker als bisher nicht nur den individuellen Charakter, sondern auch den Sozialcharakter des christlichen Sittengesetzes aufzeigen. Diesen Forderungen kann sich gewiß niemand verschließen. Was die Kritik an der bisherigen Methode der Moraltheologie anlangt, scheint uns übersehen zu werden, daß die meisten Handbücher der Moraltheologie weniger vollständige wissenschaftliche Abhandlungen als praktische Anleitungen für werdende Beichtväter sind. Daß dabei der positive Teil der Moraltheologie, die Darlegungen und die Fundierung der Normen, etwas zu kurz kommt und allzu große Voraussetzungen gestellt werden, sei zugegeben. Anderseits darf die praktische Einübung des werdenden Beichtvaters auf die Anwendung der sittlichen Normen des Evangeliums in der konkreten Situation nicht unterlassen werden. In der Ablehnung der „Kasuistik“ scheint man daher bisweilen zu weit zu gehen.

Handbuch der Moraltheologie. II. Band. Spezielle Moraltheologie. Der individuelle und religiöse Pflichtenkreis. 2. Auflage. Von Otto Schilling. Schwabenverlag, Stuttgart. 225 Seiten. Preis 19 DM.

Der Tübinger Ordinarius für Moraltheologie, der uns schon durch seine früheren Arbeiten bestens bekannt ist, dürfte mit seinem Handbuch der Moraltheologie, das bereits in 2. Auflage erscheint und dessen 2. Band uns vorliegt, auf deutschem Gebiet wohl das Gediegenste geleistet haben/Schilling wird nicht nur allen Forderungen, die heute an die Moraltheologie gestellt werden, gerecht, er behandelt auch — wie es für den Moraltheologen Pflicht ist — die Einzelheiten jeder sittlichen Pflicht, treibt also Kasuistik, ohne jedoch dabei spielerisch oder kleinlich zu werden. Außer auf den eigentlichen theologischen Quellen baut er besonders auf dem heiligen Thomas auf, zieht aber gleichzeitig auch die modernste Literatur heran. Wenn bei einer weiteren Auflage dieses Werkes drucktechnisch durch Verwendung von Groß- und Kleindruck die prinzipiellen Ausführungen von den kasuistischen Einzelheiten getrennt Werden könnten, würde dem Benutzer dieses ausgezeichneten Handbuches ein gute; Dienst erwiesen werden.

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