6747302-1967_13_12.jpg
Digital In Arbeit

Zusammenschau im Groben

19451960198020002020

FRUHZEIT DER WELTGESCHICHTE. Fragmente aus dem Nachlaß. Von Oswald Spengler. Verlag C. H. Beck, München, 1966. Herausgegeben von Anton Mirko Koktanek mit Manfred Schröter. XX, 520 Seiten mit einem Faksimile, Leinen. DM 28.50.

19451960198020002020

FRUHZEIT DER WELTGESCHICHTE. Fragmente aus dem Nachlaß. Von Oswald Spengler. Verlag C. H. Beck, München, 1966. Herausgegeben von Anton Mirko Koktanek mit Manfred Schröter. XX, 520 Seiten mit einem Faksimile, Leinen. DM 28.50.

Werbung
Werbung
Werbung

Zur Sammelausgabe von Spenglers Werken, das ist zum „Untergang des Abendlandes“ und zu den „Briefen“ („Die Furche“, 19 — 1964), ferner zu „Der Mensch und die Technik“ und den „Urfragen“ tritt nunmehr ein Nachlaßband, dessen Unterlagen aus der Zeit von 1924 bis 1936 stammen. Ein Spengler-Register soll die Edition abschließen. Es handelt sich um einen aus handschriftlichen Auszügen, Aphorismen, Stichworten und Fragmenten mühsam konstruierten Text, eine Art Zettelkatalog mit 1164 Notizen, die der Herausgeber nach Spenglers Ideen gruppiert: Geschichte und Geschichtsschreibung, Kulturkreise. Menschwerdung, Atlantis — Kasch — Turan, Ägypten und Babylon, Wanderungszeit, Hochkulturen und Zivilisation. „Was ich will — schreibt Spengler —, „ist die Befreiung des geschichtlichen Blicks vom Zufall erhaltener Gegenstände oder Zeugnisse durch Ausbildung einer Art des Schließens, welche solchen Unsinn ausschließt.“ Der Herausgeber bemerkt, es sei nicht Aufgabe des Bandes, Spenglers Methode, Beweisführung oder seine Urteile zu überprüfen, auch nicht Vergleiche mit neuen Erkenntnissen zu ziehen, „es sei nur darauf hingewiesen, daß Spenglers Anregungen auch bei Fachgelehrten Gehör gefunden haben“. Was somit bleibt, ist ein Kompendium Spenglerscher Gedanken für Geschichtsphilosophen und Historiker, die erahnen müssen, was Spengler selbst aus seinem Zettelkatalog hätte herausholen können. Einen Fingerzeig geben die abgedruckten „Dispositionen zur Weltgeschichte“. Da die veröffentlichten, ganz privaten Aufzeichnungen von Spengler wohl nie als druckreif angesehen wurden, darf sich der Leser nicht an manchen recht ungewöhnlichen Hinweisen stoßen: dumm, banal, oberflächlich, falsch, Torheit, trottelhaft... Beachtenswert sind die Ansichten über „Geschichte und Geschichtsschreibung“: „Im Menschen selbst brach der Kampf zwischen der Natur hier und dem anderen dort, in dem er bis zur ungeheuren Größe des Leidens, Siegens und Vergehens emporwuchs, das Bild der Erde vernichtete, um endlich zu erliegen... Ich teile die Geschichte nach Vorgeschichte, Hochgeschichte, Nachgeschichte ... Weltgeschichte ist gewaltsam, verbrecherisch, blutig... Es gibt keine Geschichte als Evolution von Ideen: .Geistesgeschichte'... Zur wirklichen Weltgeschichte steht sie nicht anders als das Schauen auf die Wellen.“ Spengler sucht nicht Resultate der Quellenforschung, sondern intuitive Zusammenschau im großen bis in den Kosmos hinein. Solche Zusammenschau kann richtig sein, auch bei zum Teil irrigen Unterlagen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung