Profil eines großherzigen Mannes

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Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) führt uns in seinem Theaterstück #Nathan der Weise#, das am Linzer Landestheater in einer Inszenierung von Peter Wittmann Premiere hatte und das man aus heutiger Sicht auch als schönes Märchen von Toleranz und Liebe bezeichnen könnte, nach Sultan Saladins Sieg über die Kreuzritter nach Jerusalem, wo die Stadt auch nach dem Friedensschluss mit Richard Löwenherz (1192) unter muslimischer Herrschaft steht. Der historische Saladin wurde allseits hoch geachtet, weil er tapfer, großmütig und von lauterem Charakter war.

Als Theaterfigur wird er von Vasilij Sotke wesensgemäß überzeugend dargestellt. Doch was immer geschieht auf der Einheitsbühne (Florian Parbs), die mit ihren Seitengassen tief nach hinten reicht, eine Art Hotelflur, der schnelle Auftritte und Abgänge erlaubt #, die Gegenwartsbezüge haben sich längst im Kopf eingenistet. Sie gehen über den Nahen Osten weit hinaus.

Toleranz zu üben, dem Fremden, Andersgläubigen, Andersdenkenden gegenüber, fällt, wie man sehen, hören und lesen kann, bis heute schwer und führt(e) oft genug zu Fanatismus. Christen mach(t)en darin zu keiner Zeit eine Ausnahme. Nicht zuletzt deshalb hat der deutsche Aufklärer und Kritiker Lessing der eigenen, christlich-abendländischen Kultur mit seinem #Nathan# den Spiegel vorgehalten.

Sein einziger Trost: Recha

Diesem Nathan, einem reichen, jüdischen Kaufmann, versteht Stefan Matousch das Profil eines klugen und großherzigen, aber traumatisierten Mannes zu verleihen, waren diesem doch in einem antisemitischen Pogrom seine Frau mitsamt seinen sieben Söhnen getötet worden. Sein einziger Trost ist seine angenommene Tochter Recha (Jenny Weichert als mädchenhafte Lichtgestalt in Weiß). Als Nathan von einer Reise heimkehrt, erfährt er, dass in seinem Haus ein Brand ausgebrochen war, in dem seine Recha beinahe ums Leben gekommen wäre, hätte sie nicht ausgerechnet ein von Saladin kürzlich begnadigter kriegsgefangener Tempelherr aus den Flammen gerettet. War es Brandlegung? Ein christliches Pogrom?

Bei der Begegnung mit ihrem Lebensretter, von Manuel Klein im Military-Outfit in köstlich eigenwilliger wie komisch eigensinniger Rollengestaltung auf die Bühne gestellt, schlägt bei beiden die Liebe ein wie ein Blitz. Der Tempelherr hält um Rechas Hand an, doch Nathan zögert. Er hat eine dunkle Ahnung, die sich zur Freude aller Beteiligten bewahrheitet: Tempelherr und Recha sind Geschwister und sind die Kinder von Saladins verstorbenem Bruder Assad! Hervorgehoben seien noch Bettina Buchholz als Saladins edle Schwester Sittah; Verena Koch als Christin Daja, Gesellschafterin der Recha im Haus des Juden; Helmut Zhuber, der skurrile Derwisch Al Hafi, sowie Thomas Kasten als ernster Klosterbruder. Erich Josef Langwiesner muss sich als Patriarch von Jerusalem als lächerlicher Popanz präsentieren. Svenja Gassen (Kostüme). Musik: Jacob Suske.

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