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Zeitloser Nathan

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„Es eifre jeder seiner unbestochnen / von Vorurteilen freien Liebe nach!”, belehrt der „bescheidne Richter” die drei Söhne, die jeweils ihren Ring für den richtigen halten. Gerade heute hat die Ringparabel in Lessings dramatischem Gedicht „Nathan der Weise” brennende Aktualität, denn statt Christentum, Judentum und Islam können ebenso Weltanschauungen stehen, die einander mit Intoleranz verfolgen.

Dieser Gedanke steht im Mittelpunkt der imposanten Inszenierung des Gastspiels des Deutschen Theaters Berlin, das während der Bregen-zer Festspiele zu sehen war. So stellt der Regisseur Friedo Solter seinen „Nathan” in den leeren Raum. Weiß, Grau und Metall läßt die Gefühlskälte - auch unserer Tage - im Bühnenbild von Hans-Jürgen Nikulka spüren. Auf dem weißen Boden stehen drei weiße Wände. Zwei davon sind ident mit vier großen Metalltüren, die zusätzlich mit Rollbalken verschlossen werden können.

Diese sterile Kunstwelt wird von den Schauspielern Otto Mellies (Nathan), Ulrike Krumbiegel (Recha), Daniel Morgenroth (Tempelherr), Jörg Gudzuhn (Saladin), Katja Paryla (Sittah) und Christine Schorn (Daja) wahrlich belebt. Zudem ist man als Burgtheaterbesucher angenehm überrascht, daß deutsche Schauspieler akzentfreies Hochdeutsch sprechen.

Die Aufführung ist ein geniales Beispiel dafür, daß man Klassiker nicht in ein abstrakt modernes Korsett zwingen muß. Zeitgenössisches Verständnis wird ohne Vergewaltigung von Text, Schauspiel und Bühnenbild transportiert.

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