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Peter Sellars lässt Mozarts "Zaide" in einem US-Sweatshop spielen.

Sie werden eingesperrt, geschlagen, der Lohn wird ihnen vorenthalten: In so genannten Sweatshops in den usa schuften Menschen unter sklavereiähnlichen Bedingungen. Auch in Wolfgang Amadé Mozarts "Zaide" geht es um Sklaverei, und so hat der amerikanische Regisseur Peter Sellars bei den Wiener Festwochen die Oper in eine enge, käfigartige Hinterhofnäherei verlegt, die heutigen Menschen mit offensichtlich migrantischem Hintergrund als Arbeitsstätte und Quartier dient (Bühne: George Tsypin). Damit ist ihm im Jugendstiltheater eine wirklich starke, brandaktuelle und sozioökonomisch präzise Inszenierung geglückt.

Sängerisch ist diese Festwochen-"Zaide" nicht an einer gewöhnlichen Wiener Mozart-Aufführung zu messen, da bei der Auswahl der Sänger offenbar nicht Virtuosität, sondern ethnische Herkunft im Vordergrund stand. Welche zentrale Rolle aber die Stimme in einer Opernaufführung spielt, verdeutlicht gleich vor Ort Russell Thomas, der mit beeindruckendem Gesang und enormer Bühnenpräsenz die ambivalente Figur des Sweatshop-Besitzers zur Hauptfigur macht, während die eigentlichen Helden des Stückes, das die Freiheit erstrebende Liebespaar Zaide (Hyunah Yu - siehe Bild) und Gomatz (Norman Shankle), blass bleiben. Nur in ihrer großen Arie "Trostlos schluchzet Philomele", wenn sie ihr Vibrato im Zaum hält, vermag Yu zu überzeugen.

Das unvollendet gebliebene Opernfragment "Zaide" wird vervollständigt durch Mozarts Theatermusik zu einem längst vergessenen heroischen Drama namens "Thamos, König in Ägypten". Statt der fehlenden Zwischendialoge gibt es eindrucksvolles stummes Spiel, das die Sprachlosigkeit der ausgebeuteten Menschen widerspiegelt. Der Camerata Salzburg muss für ihr kompaktes, sich im Laufe der Aufführung dramatisch steigerndes Spiel uneingeschränktes Lob gezollt werden, nicht aber Louis Langrée, der immer wieder vom Pult aus den Fluss der Musik mit nervigen Pausen unterbricht. Gut möglich, dass es Nachdenkpausen sein sollen. Denn damit auch jeder die Aufführung versteht, kommen zu Beginn Menschen auf der Bühne zu Wort, die gegen heutige Formen der Sklaverei ankämpfen oder davon betroffen sind. Sellars und Langrée könnten sich ruhig mehr auf Mozart verlassen.

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