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Eigentlich ein klassisches Stellvertreter-Szenario: Die russische Teilnehmerin beim European Song Contest, der im Mai in Kiew ausgerichtet wird, erhält keine Einreiseerlaubnis in die Ukraine. Die im Rollstuhl sitzende Sängerin fällt wegen eines Auftritts auf der von Russland annektierten Schwarzmeerhalbinsel Krim unter ein mehrjähriges Einreiseverbot. Weder die Ukraine noch die russische Seite stimmten dem Kompromiss der European Broadcasting Union EBU zu, Julia Samoilowa bei der Live-Übertragung zuzuschalten. Tatsächlich hätte das Kompromiss-Ansinnen auch den Wettbewerbsregeln, die einen Live-Auftritt verlangen, widersprochen. Zuletzt wurde ein Brief von EBU-Chefin Ingrid Deltenre an den ukrainischen Minsiterpräsidenten bekannt, in dem sie den Ausschluss der Ukraine von künftigen ESC-Bewerben androht.

Das Szenario entwickelt sich zu einer klassischen Lose-Lose-Situation. Zum einen ist natürlich auf Seiten der politischen Konfliktparteien Propaganda unübersehbar - mit besseren Karten für Russland: eine behinderte Sängerin nicht einreisen zu lassen, ist ein gefundenes Fressen, um die (Welt-)Öffentlichkeit wider die Ukraine in Stellung zu bringen. Umgekehrt kann auch die Ukraine darauf pochen, dass man sich vom großen Feind nichts gefallen lässt -und nichts gefallen lassen darf. Und die EBU, die den ESC ja als völkerverbindende Veranstaltung zu erhalten sucht, kann sich nicht von den Playern im Ukraine-Konflikt erpressen lassen. Man wird sehen, ob es aus dieser alle zu Verlierern stempelnden Lage noch einen Ausweg gibt.

Was auf jeden Fall zurückbleibt, ist die Erkenntnis, dass es im Europa 2017 nicht einmal das Unterhaltungsgenre schafft, ein Forum fernab des Wahnsinns gewalttätiger Politik zu schaffen. Man weiß ja, dass Krieg auch und über die Medien zu führen ist. Der diesjährige ESC findet sich in Geiselhaft davon.

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