Vorbild fürs Weiterkämpfen

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Wenn man Johanna Dohnal persönlich gegenübersaß, wurde einem bewusst: Eine schmeichelhafte Überhöhung ihrer Rolle und Verdienste mochte sie nicht. Sie, die wie keine andere für die österreichische Frauen- und Gleichstellungspolitik stand, war fast hart mit sich selbst. Bei ihrem letzten Interview mit der FURCHE anlässlich ihres 70. Geburtstages vor einem Jahr meinte die frühere Frauenministerin und SPÖ-Politikerin auf die Frage, ob es denn nicht mehr junge Dohnals brauche, hartnäckige Persönlichkeiten, die sich trauten anzuecken, in ihrem stets nüchternen pointierten Redestil: „Ich hätte mir viel weniger gefallen lassen dürfen. Es hätte ein paar härterer Aktionen bedurft.“ (FURCHE 07/09, Seite 24)

Bei diesem Interview und auch in anderen ihrer Aussagen wurde deutlich: Johanna Dohnal war unzufrieden über den Stand der Gleichstellungspolitik, sie sah gar die Gefahr von Rückschritten, etwa bei der bis heute umstrittenen Fristenregelung. Sie wurde nicht milde im Urteil über die Ereignisse ihrer politischen Laufbahn, sie blieb (Selbst-)Kritikerin und Kämpferin für die Frauenrechte bis zu ihrem plötzlichen Tod vor wenigen Tagen. Es war weniger Verbitterung als ein immerzu wacher Blick auf die Dinge, die geschahen, nicht nur in der Gleichstellungspolitik, sondern auch demokratiepolitisch. So blieb sie bis zuletzt eine äußerst polarisierende Persönlichkeit. Die Bruchlinien verliefen nicht nur parteipolitisch, ideologisch oder grob zugespitzt zwischen Emanzen und offenen oder subtilen Verteidigern des Patriarchats, sie verliefen auch innerhalb der engagierten Frauen: So blieb Dohnal skeptisch gegenüber Jubelmeldungen von den angeblichen neuen Alphamädchen und hatte wenig Verständnis für Appelle von Frauen, die Opferrolle endlich hinter sich zu lassen. Sie misstraute dieser Argumentation und meinte im FURCHE-Interview: „Von denen, die es tatsächlich schaffen, würde ich mir erwarten, dass sie ihrerseits Frauen fördern.“

Dass junge Menschen mit ihrem Namen nichts mehr anfangen können, störte sie nicht. Gekränkt hat sie jedes Abweichen von ihrer Politik für ein selbstbestimmtes Leben der Frauen. Vieles davon ist heute selbstverständlich, etwa im Familienrecht. Der Kampfgeist und das Durchhaltevermögen, die hier dahinterstanden, werden immer untrennbar mit Dohnals nachhaltigem Wirken verbunden bleiben. Sie bleibt Vorbild nicht trotz, sondern wegen ihrer Streitbarkeit.

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