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Muss sich die Demokratie in Acht nehmen vor undemokratischen Regimen? Müssen wir Angst vor China und seinem Aufstieg haben oder Angst vor Russland? Ich fürchte, dass der Kern dieser Angst sich aus dem Wesen der Demokratie selbst ergibt und nicht aus einer militärischen oder wirtschaftlichen Schwäche. Die demokratische Welt hat Angst vor der undemokratischen Welt. Warum? Weil die demokratische Welt unentschlossen wirkt, weil sie diskutiert, weil sie Angst vor der Welt hat oder einfach Sorgen und diese Sorgen frei thematisiert. Und ergibt sich unsere Angst nicht auch aus unserer Uneinigkeit, dass die wichtigen Dinge nur sehr mühsam und langwierig gelöst werden können?

In einer Demokratie aber geht es um kritisches Denken. Im Gegensatz zu undemokratischen Gesellschaften werden hier die Menschen zu einem geradezu instinktiven Misstrauen erzogen, was Politik, Zeitungen, Glaube, Ideologie betrifft. Es ist aber auch in der Wissenschaft und der Philosophie das Prinzip, aufgrund der schonungslosen Fragen Antworten zu erhalten, um Neues ans Licht zu bringen. Das heißt mit anderen Worten, dass uns das Prinzip der Kritik reich belohnt hat, dass es uns Reichtum und letztlich auch Sicherheit geschenkt hat. Sie hat uns aber auch kritisch gegen uns selbst gemacht.

Der aktuelle geortete Mangel an Visionen könnte daran liegen, dass wir einen großen Teil der westlichen Konsumträume bereits erfüllt wissen und nicht in der Lage sind, einen neuen, besseren Traum zu entwickeln. Das Urteil, ob das an der Kommunikation liegen könnte, überlasse ich den Lesern. Vielleicht sind wir aber einfach zu kritisch und sollten unsere Kritik kritisieren. Denn trotz aller Schwächen ist unser System das stärkste und freieste, das die Menschheit bisher erfunden hat.

Der Autor ist Professor für Ökonomie an der Karlsuniversität Prag

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