Eine Frau liegt im Bett, sie trägt Schlittschuhe an den Füßen. Ein surreales Bild, seltsam und beklemmend. Es ist eine frühe Fotoarbeit von VALIE EXPORT, entstanden in jener mittlerweile legendären Zeit um 1970, für deren radikale Bewegungen EXPORT als Galionsfigur steht. VALIE EXPORT, das ist im kollektiven Bewusstsein die Frau mit der offenen Hose und dem Maschinengewehr, die Frau, die einen Mann an der Hundeleine durch die Stadt führt. Die Schockkünstlerin. Es gibt aktuelle Postings im Internet, in denen sie als Tierquälerin denunziert wird. Und zur gleichen Zeit wird EXPORT bei einer Pressekonferenz gefragt, wie sie sich denn nun fühle als #Staatskünstlerin#. Ist das nicht perfide? Ja, sie ist anerkannt, wird geehrt und verehrt. Muss eine Künstlerin selbst noch ihren Erfolg legitimieren?
Für diesen Double Bind, oder schlicht diese Falle, genau dafür steht das Bild der Frau mit den Schlittschuhen im Bett. #Zwangsvorstellungen# heißt die Serie, die vom Sichtbarmachen innerer Zustände handelt. Es ist ein berührender Anblick. Ruft Kindheitserinnerungen wach. Wissen Sie noch, wie schön es war, wenn man das Eislaufen plötzlich beherrscht hat, wenn man den Bogen raushatte und davongezogen ist über die spiegelglatte Fläche? Die Kufen wurden zu Flügeln, die Freiheit war grenzenlos. In EXPORTs Bild ist das Glück gescheitert. Die Schlittschuhe sind noch da, aber die Trägerin liegt zusammengekauert im Bett. Ihre Flügel sind gestutzt, die Schuhe nur noch beschwerlich. Wer hat ihr Steine in den Weg geworfen?
Die Arbeit ist so frisch, sie könnte gerade jetzt von einer jungen Künstlerin gemacht worden sein. Sie erzählt davon, wie man allen Mut zusammengenommen und sich ein Stück Freiheit erobert hat. Wie man sich fühlt, wenn man eins auf den Deckel kriegt. Dass man sich trotzdem nicht kleinkriegen lassen muss. Der Beweis ist VALIE EXPORT, vierzig Jahre später. Es ist ein großes Glück, dass es sie gibt.
