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Revolte in der Weizenprärie

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Die finanzielle Lage der Farmer von Saskatchewan ist verzweifelt, behauptet Ross Thatcher, Premier der „Weizenprovinz“. Harry Strom, Premier der ölreichen Provinz Alberta, „Kanadas Texas“, warnt, es wäre eine Tragödie, wenn Ottawa die totale Unzufriedenheit, die in der Prärie vorherrsche, unterschätzen würde. Stroms engster Mitarbeiter, Don Hamilton, fügt hinzu, die politische Lage in Kanadas Westen habe den Explosionspunkt erreicht. Ed Schreyer, der junge sozialistische Premier von Manitoba, bemerkte gleichfalls, daß die Unzufriedenheit in der Prärie wachse.

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Die finanzielle Lage der Farmer von Saskatchewan ist verzweifelt, behauptet Ross Thatcher, Premier der „Weizenprovinz“. Harry Strom, Premier der ölreichen Provinz Alberta, „Kanadas Texas“, warnt, es wäre eine Tragödie, wenn Ottawa die totale Unzufriedenheit, die in der Prärie vorherrsche, unterschätzen würde. Stroms engster Mitarbeiter, Don Hamilton, fügt hinzu, die politische Lage in Kanadas Westen habe den Explosionspunkt erreicht. Ed Schreyer, der junge sozialistische Premier von Manitoba, bemerkte gleichfalls, daß die Unzufriedenheit in der Prärie wachse.

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25 Jahre war Ernest Manning der Premier von Alberta, ehe er die politische Arena verließ. Auch Manning ist über die immer größer werdende Kluft zwischen dem Westen und dem Rest Kanadas besorgt. Es gibt wirtschaftliche Gründe dafür. Beispielsweise kann die Ölindustrie Albertas nur mit halber Kapazität arbeiten, da 52 Prozent des kanadischen ölbedarfes von Importen gedeckt werden, öl aus Alberta wäre, beispielsweise für die Montrealer, etwas kostspieliger als die

Importe aus Venezuela. Die Sezession von Kanada und ein Anschluß an die USA würde den „Ölbaronen“ einen goldenen Segen bringen, da die Ölindustrie Albertas sodann mit voller Kapazität arbeiten könnte. Zudem verteuern kanadische Schutzzölle die Kosten vieler Produkte. Trotz des Autopaktes zwischen Kanada und den USA muß der Albertane immer noch 500 Dollar mehr für das gleiche Auto zahlen als sein Nachbar in den USA. 1500 Millionen Scheffel Getreide im Werte von mehr als 2000 Millionen Dollar sind im „Goldenen Westen“ aufgespeichert, und der Großteil davon kommt von den Weizenfeldern Saskatchewans. Das Schönwetter des Vorjahres ermöglichte die drittbeste Ernte in der Geschichte der Prärie — doch während Kanada im Erntejahr 1966/67 noch 575 Millionen Scheffel Weizen exportieren konnte, waren es 1967/68 nur noch 338 Millionen Scheffel und in 1968/69

bloß 305 Millionen Scheffel. Innerhalb von vier Jahren sank das durchschnittliche Nettoeinkommen der Farmer in Saskatchewan von 6561 Dollar auf 3788 Dollar. Der unverkaufte Weizen kreiert einen „Überfluß an Geldmangel“. Behauptet Farmer Busche in Liberty: „Am Papier bin ich mehr als 100.000 Dollar wert, doch wenn mir die Bank kein Geld leihen würde, wäre ich auf die Wohlfahrt angewiesen.“

Los von Kanada?

Schon hat die einflußreichste Organisation der Weizenfarmer, der 75.000 aktive Mitglieder zählende Saskatchewan Wheat Pool, den Entschluß gefaßt, das Problem der Sezession von Kanada zu studieren, wenn Ottawa für die Lage der Prärieprovinzen kein Verständnis zeige. Quebec, so erklärt man hier, findet in Ottawa immer „offene Taschen“. Mitarbeiter von Albertas Premier Harry Strom glauben, daß der Abfall Quebecs von Kanada auch zu einer Sezession der Prärieprovinzen führen könne. Sie fühlen sich immer wieder von Ottawa benachteiligt. Ein Beweis für die Unzufriedenheit über die wirtschaftliche Lage ist die Abwanderung. Beispielsweise hat Saskatchewan (Bevölkerung 956.000) seit 1945 nicht weniger als 300.000 Einwohner verloren, die vornehmlich in das industriereiche Ontario zogen. Noch sind die Separatisten der Prärieprovinzen führerlos — doch wie lange noch?

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