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Bürokratische Schikanen für Pflegegeld-Bezieher

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Zwist um das Pflegegeld: Für Wiens Gesund- ‘ heitsstadtrat Sepp Rieder ist es ein „überflüssiger Bürokratismus“, daß die Sozialversicherungen Bedürftigen das Pflegegeld aufgrund „formaler“ Fehler verweigern. Damit die Betroffenen das Pflegegeld schneller erhalten, wird dem Antrag auf Ausbezahlung des Pflegegeldes ein Formblatt beigegeben, um den Grad der Pflegebedürftigkeit festzustellen. Mittlerweile beharren die Sozialversicherungsträger auf dem Standpunkt, daß die Patienten eigenhändig den Antrag unterschreiben müssen - obwohl, so Rieder im FUR- CHE-Gespräch, vereinbart worden war, daß statt jener Pflegebedürftigen, die dazu nicht mehr imstande sind, auch Ärzte und Pflegepersonal das Formblatt unterferti

gen können. Denn schon vielen Patienten der Pflege- geldstufe III sei es mangels Angehöriger und aufgrund der Beschwerlichkeit oft unmöglich, die Anträge eigenhändig zu unterschreiben.

Vom Pflegegeld selbst (5.400 Schilling bei Pflege- Stufe 3, bis zu 20.000 bei Stufe 7) erhält das Pflegeheim 80 Prozent, der Patient 20 Prozent als „Taschengeld“. Für .jene Pflegebedürftigen, die eben nicht selbst die Formalitäten erledigen können, müßte nun ein gerichtlicher Sachwalter als „Geschäftsführer ohne Auftrag“ beigestellt werden. Die Kosten für diesen „juristischen Bürokratismus“ (Rieder) muß der Patient von seinem „Taschengeld“ selbst tragen. Diese Vorgangsweise, fälschlicherweise als „Entmündigung“ bezeichnet, sei ein einziger „überflüssiger Verwaltungsaufwand“, kritisiert

auch der Wiener ÖVP-Ge- meinderat Anton Fürst. So stehen etwa im Pavillon III des Pflegeheims Baumgarten der Stadt Wien eine Reihe solcher „Entmündigungsverfahren“ an: Da - laut „Kurier“ - vierzig Patienten nicht in der Lage seien, ihre Unterschrift zu leisten, müsse ein Richter die Unfähigkeit der Unterschriftsleistung feststellen und dann einen Sachwalter bestellen. Laut Fürst müsse es genügen, daß der Arzt oder die Spitalsleitung den Grad der Pflegebedürftigkeit feststellt und dann den Antrag an die Sozialversicherung unterschreibt.

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