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Das große Geschäft mit der Einsamkeit

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Rund 120 Partnerinstitute kümmern sich in Osterreich um das „Glück” einsamer Menschen. Das Vermitteln von Singles ist mittlerweile zu einem millionenschweren, aber problematischen Gewerbe geworden.

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Rund 120 Partnerinstitute kümmern sich in Osterreich um das „Glück” einsamer Menschen. Das Vermitteln von Singles ist mittlerweile zu einem millionenschweren, aber problematischen Gewerbe geworden.

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Jeder dritte Österreicher lebt alleine, jede zweite Ehe in den Städten zerbricht. Eine florierende „Glücksindustrie” verkauft heute Hoffnung auf Traumpartner. Das Geschäft mit den einsamen Herzen ist mittlerweile zu einem millionenschweren Markt geworden.

Rund 120 Partnerinstitute (von denen laut Aussagen von Kritikern nur 20 seriös sind) kümmern sich um das private Glück vereinsamter Menschen. Ein nicht ganz unproblematisches Gewerbe für das Problem Einsamkeit.

Bereits die von der furche befragten Psychotherapeutinnen waren sich höchst uneinig: Während beispielsweise Frau Bauer-Jelinek, die als „Coach” (Begleiterin) von Managern und Top-Funktionären das Problem der sich breitmachenden Einsamkeit gut versteht, sieht Frau Elisabeth Mu-schik von „Pro Mente” Wien (Gesellschaft für psychische und soziale Gesundheit) die Ansprüche der Menschen aneinander als einen Ausdruck der Unersättlichkeit und Maßlosigkeit einer irregeleiteten Gesellschaft.

Ebenso erging es uns mit den Partnerinstituten: Während die Mitarbeiter diese als den einzig gangbaren Weg zum Glück zu zweit anpreisen, finden die Mitarbeiter der Konsu-mentenschutzabteilungen in den Arbeiterkammern kein lobendes Wort für diese Art von Instituten. Im Gegenteil: Es sei höchste Vorsicht angebracht, der Weg über ein Institut führe in den meisten Fällen in ein finanzielles und soziales Desaster. Viele Fallbeispiele werden dort gesammelt und dokumentiert. Anstelle eines Partners gesellt sich menschliche Not und Verzweiflung zum einsamen Sucher.

Letztendlich erfuhr die furche vom Glücksuchenden, daß es weder leicht noch billig und bisher auch noch nicht erfolgreich gewesen war, via Institut einen Partner fürs Leben zu finden. Unpassende Vorschläge, nicht eingehaltene Verabredungen und überhöhte finanzielle Forderungen lassen viele Einsame verzweifeln.

Es kursiert aber auch die Vermutung, daß Menschen, die erfolgreich über ein Partnerinstitut zueinander gefunden haben, diese Tatsache tunlichst verschweigen, weil es ihnen einfach peinlich ist, diesen Weg gegangen zu sein.

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