Das Provisorium ist geblieben/Ludwig Adamovich: Mit neuer Verfassung in manchem leichter getan

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Für den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes Ludwig Adamovich ist die von der Opposition angekündigte vermehrte Befassung seines Gerichts alles andere als Negativ: "Ich sehe darin nichts Schlechtes. Das ist ein Schritt zur Normalität" und "viel systemkonformer, als wenn man von vornherein die Auseinandersetzung mit einer Verfassungsbestimmung anfechtungsrechtlich immunisiert". Diese Drittelanträge werden den Gerichtshof nicht zusätzlich belasten. Einen Mehraufwand befürchtet der oberste Verfassungshüter eher durch die Beschwerden von Einzelpersonen. "Das neue Pensionsrecht bietet sich geradezu an", meint Adamovich im Hinblick auf die gerade beschlossene Pensionsreform.

Eine starke substanzielle Änderung hat die Verfassung durch den Beitritt zur EU erlebt. Das Problem dabei ist, dass jene Änderungen, die im Verfassungstext erkennbar sind, nur "organisatorische Bestimmungen" sind. Als Beispiel nennt Adamovich die Regelungen zur Wahl des Europäischen Parlaments. "Inhaltliche Veränderungen sind aus dem Text aber nicht zu erkennen."

Die Tatsache, dass Österreich 1945 die Verfassung der Ersten Republik behalten hat, sei "nicht ganz unumstritten", gibt Adamovich zu. In mancher Beziehung hätte man sich mit einer neuen Verfassung leichter getan. Was Adamovich in der 80 Jahre alten Verfassung abgeht, ist ein eigener Grundrechtskatalog. Zwar will er nicht den "Eindruck entstehen lassen, dass die Grundrechtssituation in Österreich unbefriedigend ist", aber die Zusammensetzung der Grundrechtsbestimmungen, die zu verschiedenen Zeiten entstanden sind, bringt Interpretationsprobleme mit sich. Als einen Mangel der Verfassung sieht Präsident Adamovich die Tatsache, "dass sie im internationalen Vergleich halt furchtbar leicht zu ändern ist". Im Großen und Ganzen funktioniere sie aber - und das trotz der rund 1.000 Verfassungsbestimmungen außerhalb der eigentlichen Verfassung.

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