Das Schicksal der "Fehlplatzierten“

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Menschen mit Behinderungen, wie Paul Gasser, Daniel Wiesenreiter und Sonja Wörndle, die mit zwanzig, dreißig bereits in ein Altersheim gesperrt werden ohne alt zu sein, werden in der Fachliteratur als "fehlplatziert“ bezeichnet. In Altersheimen vegetieren Frauen und Männer mit Behinderungen beschäftigungslos zwischen pflegebedürftigen Alten vor sich hin, betreut von Alten- und Krankenpflegern, die in der Regel keine Ausbildung für den Umgang mit Menschen mit Behinderungen haben. Auch psychosoziale und pädagogische Betreuung ist in Einrichtungen der stationären Altenhilfe nachrangig oder passiert gar nicht. Damit stagniert die Entwicklung vieler junger Menschen in Altersheimen. Sie können nicht gleichberechtigt und integriert am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Ihnen fehlen soziale Kontakte zu Gleichaltrigen und sie verschwinden aus der öffentlichen Wahrnehmung. Doch der Tiroler Soziallandesrat Gerhard Reheis etwa, sieht in dieser Form der Unterbringung kein Problem: "Grundsätzlich ist es so, dass auch ältere Menschen Behinderungen haben. Und deshalb sind diese Pflegeeinrichtungen auf jeden Fall barrierefrei, fachlich gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen zur Betreuung zur Verfügung und da unterscheidet sich die Pflege nicht zwischen alten und jüngeren Menschen. Abgesehen davon seien die jüngeren Menschen, die in Altersheimen untergebracht sind, “wirklich Einzelfälle und das ist auch nicht das große Problem.“

Die Sozialwissenschafterin Petra Flieger widerspricht: "Also mir sind definitiv einige Menschen mit Behinderungen bekannt, die in Altersheimen leben, im Alter zwischen 20 möglicherweise sogar jünger, und 60, 65 Jahren. Doch, wie meistens, wenn es darum geht, wie Menschen mit Behinderungen leben, gibt es in Österreich auch keine offizielle Statistik über die Zahl der Fehlplatzierten. Und deswegen sagt auch das Sozialministerium trotz mehrmaliger Anfrage nichts dazu. "Der Bund habe kein Interesse daran, Daten zu sammeln, deren Ergebnisse in einem erhöhten Finanzbedarf münden würden, man wolle "keine schlafenden Hunde wecken“, kommentiert Isolde Matweber vom Verein INTEGRATION:KÄRNTEN.

Nicht vertretbarer Zustand

Aus Sicht von Matweber ist es nicht vertretbar, dass die Gesellschaft junge Schwerstbehinderte in Altersheimen unterbringt. Österreich hat vor vier Jahren die UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen ratifiziert. "Aufgrund der UN Konvention haben junge Menschen mit Behinderung das unbedingte Recht darauf, ihren Wohnort auszusuchen, mit dem sie wohnen und ihre Betreuung selbst zu organisieren“, erklärt Isolde Matweber vom Verein Integration: Kärnten, "aber das sind Rechte, die am Papier sind und die erst umgesetzt werden müssen.“

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