Ein Mann von Geist & Gegenwart

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"In einer maßlosen Gesellschaft ist er ein 'Zufriedener', womit er sich allein schon verdächtig macht, als Verweigerer des Applauses und der Euphorie und deshalb auch als Sozialschädling, als Ignorant der Zukunftsdynamik, als Zeitgeistverweigerer." Solcherart beschrieb Manfred Prisching bei einer Festrede für diese Zeitung vor gut zwei Jahren den typischen FURCHE-Leser. Was er damals formuliert hat, lässt sich ohne Weiteres auch auf ihn selbst übertragen: Verweigerer der Euphorie, Ignorant der Zukunftsdynamik, Zeitgeistverweigerer - das zeichnet den Grazer Soziologen aus, bestimmt seinen kritischen Blick, gewährleistet seine Unbestechlichkeit in der Analyse der Zeitläufte.

Bei den Euphorikern des Zeitgeists und dessen Trittbrettfahrern stößt Manfred Prisching mit diesen Grundhaltungen zwangsläufig auf wenig Verständnis. Das, was er als diskriminierendes - also der Unterscheidung verpflichtetes - Denken hochhält, gilt ihnen als kulturpessimistische Attitüde. Wenn er die Ambivalenz dessen, was gemeinhin als Fortschritt zählt, diagnostiziert, halten sie das für hoffnungslos reaktionär. Und, natürlich, katholisch ist er ja auch noch ?

Katholischer Intellektueller

Ja, Prisching zählt zu den rar gewordenen Vertretern der Spezies "katholischer Intellektueller". Man kann ihn gerade deswegen gefahrlos so apostrophieren, weil er diese katholische Intellektualität ganz selbstverständlich lebt und vertritt: Weder muss er sie ständig durch "Kirchenbashing" unter Beweis stellen, noch trägt er sie wie eine Monstranz vor sich her; jede Form von Unterwürfigkeit oder Bigotterie ist ihm sowieso fremd. Nein, er ist ein "ganz normaler" Katholik und Christ, der in der Synthese von Denken und Glauben versucht, die (gesellschaftliche) Wirklichkeit in den Blick zu bekommen und seine Perspektive in das öffentliche Gespräch einzubringen.

Programmatisch dafür mag der Titel seines letzten Buches stehen: "Das Selbst. Die Maske. Der Bluff" (Molden 2009). Es handelt von der "Inszenierung der eigenen Person", von den mannigfaltigen Strategien der (Selbst-)Täuschung des modernen Menschen. Nein, auch hier erweist sich Prisching nicht als Prediger des Verfalls. Er zeigt nur auf, dass in einer hochkomplexen Multioptionsgesellschaft diese Strategien immer raffinierter werden und es für den Einzelnen immer schwieriger wird, Subjekt des Geschehens zu bleiben - obwohl oder gerade weil er sich als solches vielleicht mehr denn je wähnt.

Seit drei Jahren ist Manfred Prisching auch regelmäßiger Kolumnist der FURCHE (als deren Autor und Gesprächspartner er schon über die Jahre den Leserinnen und Lesern bekannt war). Unter dem Titel "Res publica" verfasst er so luzide wie konzise Betrachtungen des politischen und gesellschaftlichen Geschehens. Auch dieser (Kolumnen-)Titel ist Programm: Prisching ist kein selbstreferenzieller Analytiker, keiner, der seine Profession als l'art pour l'art betreibt; ihm ist es stets um das Gemeinwesen als öffentliche Angelegenheit zu tun. Ohne solches Bewusstsein einer ausreichenden Zahl kann Demokratie nicht funktionieren.

Am 12. Dezember feiert der in Bruck an der Mur geborene Manfred Prisching seinen 60. Geburtstag. Die FURCHE gratuliert ganz herzlich und freut sich auf weitere Jahre der Zusammenarbeit im Sinne der res publica.

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