Werbung
Werbung
Werbung

Da sage noch einer, der ÖGB sei nicht reformfreudig. Exakt in der Laufzeit einer Urabstimmung, von der man sich Leitlinien für das künftige Handeln, die Zustimmung zu Standpunkten und das Pouvoir für kämpferisches Auftreten erwartet, überrascht der Gewerkschaftsbund seine Mitglieder, die Sozialpartner, Politik und Öffentlichkeit mit der Fusion der beiden größten Teilgewerkschaften. Sogar beim eigenen Präsidenten ist die Überraschung gelungen - hatte er doch dem Vernehmen nach eigene Pläne zu einer Umstrukturierung, die aber erst im Gefolge der Urabstimmung näher erörtert werden sollten. Was ebenso merkwürdig ist wie die Tatsache, dass man derartige Fragestellungen in der Urabstimmung völlig ausgeklammert hat.

Fritz Verzetnitsch hat ja bereits eindrucksvoll bewiesen, dass er ein großer Schweiger sein kann; dass aber auch die beiden ungleichen Brüder Sallmutter und Nürnberger so still und leise agieren können, ist neu. Nun mag es manchmal sinnvoll sein, Veränderungen und Neuerungen nicht unendlich zu zerreden, sondern zu agieren und dann erst zu erklären. Der Erklärungsbedarf besteht aber nach wie vor. Der Strukturwandel in der Arbeitswelt und der endlich ernst genommene einheitliche Arbeitnehmerbegriff mögen einen Ansatzpunkt bilden; warum man allerdings gerade die "Riesen", die Privatangestellten und die "Metaller" zusammenlegt, und nicht letzteren etwa Chemie und Bau-Holz zuschlägt, und Medien und Handel den Privatangestellten, also die "Zwerge" sinnvoll zuordnet, bleibt offen.

Was immer alles dafür spricht, Verwaltungsstrukturen zu rationalisieren, Doppelgleisigkeiten zu vermeiden, Synergieeffekte zu nützen und dadurch Budgeteinsparungen zu erzielen - die Nähe zur Basis, der Kontakt zu den Vertretenen wird durch Fusionierungen nicht automatisch besser. Schon gar nicht, wenn man befürchten muss, dass Zentralisierungstendenzen fast immer auf Kosten der Regionalisierung, der Betreuung vor Ort gehen.

Die Autorin ist Professorin für Gesellschaftspolitik an der Universität Linz.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung