Von Influencern und Berufen

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Neulich bei der Grillparty eines Freundes. Der erwachsene Sohn, der noch gerne das feudale "Hotel Mama" genießt, hat auch ein paar Kommilitonen eingeladen. Sie debattieren über die aussichtsreichsten Jobmöglichkeiten. Zukunftsangst ist dabei genauso spürbar wie Übermut. Einer hat gerade begonnen, eine App zu entwickeln. Andere besprechen, wie man "Influencer" werden kann. Also einer dieser von Wirtschaft und Politik umworbenen Social-Media-Stars mit hunderttausenden Anhängern. Die erfolgreichsten sind gerade um die 20 Jahre alt. Sie verdienen pro Monat zehntausende Euro, weil sie unsere Gesellschaft durch Tipps "influencen". Eine gewisse Bibi etwa beeinflusst durch Ratschläge, wie man seine Nase schmaler schminkt. Andere sind Experten für selbstoptimierende Fitnessübungen oder gesünder machende Gemüsemixgetränke. Auf die Nachfrage, ob sie auch "Beeinflusser" mit weniger egozentrierten Themen kennen, bleibt es kurz still am Tisch. Dann die Gegenfrage: "Was machst du eigentlich so beruflich?" Bei der Antwort: "Journalistin" herrscht betroffenes, fast schon mitleidvolles Schweigen. Ein aussterbender Beruf also. Ihre Informationen, erfahre ich, entnehmen sie den vielfältigen Angeboten des Internets. Einer meint: "Bei euch Journalisten weiß man ja, dass ihr nicht mehr ehrlich und frei schreiben könnt." Er verschaffe sich lieber ein eigenes Bild über Social Media und Blogs. Was er denn studiere? Medizin! Seine Eltern seien auch Ärzte. Und schon bricht es aus ihm heraus: "Was mich aufregt: Immer mehr Leute kommen in die Praxis und glauben, schon die Diagnose zu kennen. Sie wollen vom Arzt nur ein Rezept, weil sie Symptome und Behandlung schon vorher gegoogelt haben. Sie glauben tatsächlich, dass das Internet genauso gut ist wie ein ausgebildeter Mediziner. Wozu studiere ich dann so lange?!" Tja, willkommen im Club!

Die Autorin ist Korrespondentin der ARD im Nahen Osten

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