Groß im Schönen

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Bildband über van Dyck: Auch der Schönheit seiner Auftraggeber verpflichtet.

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Bildband über van Dyck: Auch der Schönheit seiner Auftraggeber verpflichtet.

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Schade, daß die deutsche Ausgabe der Monographie über Anthonis van Dyck von James Lawson nicht, wie geplant, zum 400. Geburtstag des Barockmalers am 22. März und zum Beginn der großen van Dyck-Ausstellungen fertiggestellt werden konnte. Aber willkommen ist sie auch jetzt. Sie bringt nicht nur einen repräsentativen Querschnitt durch das malerische Werk, sondern macht auch mit dem weniger bekannten zeichnerischen bekannt. Und wirklich, zeichnen konnte er! Zwar haben auch Gemälde van Dycks Unmittelbarkeit, doch viele andere wirken, in meisterhafter Weise den Wünschen der Auftraggeber entsprechend, etwas förmlich und steif. Im graphischen und vor allem im zeichnerischen Werk, die mit zahlreichen eindrucksvollen Beispielen vertreten sind, begegnet uns der feinsinnige, aber scharf hinschauende Menschenbeobachter, der schwungvolle Festhalter der Bewegung und der religiöse Maler, der nicht an die Ratio, sondern an das Gefühl appellierte. Auch können wir seine große Malerei in statu nascendi beobachten, in Kompositionsentwürfen.

Die Bedeutung van Dycks als Maler liegt vor allem im Porträt. Hier war er nicht nur ein Könner im Darstellen, sondern auch ein Könner im Weglassen, ein großer Retuscheur. Während Hans Holbein, der bei van Dycks Geburt allerdings längst tot war, "kein körperliches Merkmal um einer Verschönerung willen unterschlägt" (Lawson), müssen die von van Dyck Porträtierten mit ihrem Aussehen stets hochzufrieden gewesen sein. Was freilich nicht nur mit seinen Vorlieben, sondern wohl auch viel mit Zeitgeist und Mode zu tun hatte. Aber auch zu Ruhm und Reichtum van Dycks beitrug.

Er ist viel gereist, daß er sein letztes, besonders produktives Jahrzehnt in England verbrachte, wo man ihn auch nach seinem Tod am meisten schätzte, hatte mehr mit Markt als mit Neigung zu tun. Er war immer bereit, dorthin zu gehen, wo die großen Aufträge winkten. Im Jahr vor seinem Tod, 1640, kehrte er kurzfristig nach Antwerpen zurück, um zu sehen, ob er die Marktnische seines verstorbenen Lehrers Rubens erben konnte. Er konnte nicht, und auch der Auftrag, die Grande Galerie im Louvre auszumalen, ging statt an ihn an Poussin. Den ehrenden Auftrag, Kardinal Richelieu zu porträtieren, konnte er nicht mehr ausführen: Er wurde in Paris krank und bat um die Papiere für die Heimreise nach England. Dort kam er gerade zur Geburt seiner Tochter zurecht. Am 9. Dezember 1641, dem Tag ihrer Taufe, starb er, 42jährig - nicht zuletzt an Überarbeitung. Eine exemplarische Monographie, die auch die Umbrüche in Wissenschaft und Wahrnehmung, auf die Kunst immer reagiert und auch van Dyck reagierte, gebührend berücksichtigt. Exzellent illustriert.

Van Dyck - Gemälde und Zeichnungen. Von James Lawson. Verlag Prestel, München 1999. 144 Seiten, 114 Farbbilder, geb., öS 364,-/e 26,45

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