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Hong Sangsoo: Der Blockade der Literatur entkommen

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Ein Film über eine Schriftstellerin in einer Gesellschaft, in der nur die Fassade zählt.

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Ein Film über eine Schriftstellerin in einer Gesellschaft, in der nur die Fassade zählt.

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Der südkoreanische Regisseur Hong Sangsoo ist ein Meister der Verdichtung. In seinem neuesten, auf der diesjährigen Berlinale preisgekrönten Film „Die Schriftstellerin, ihr Film und ein glücklicher Zufall“ bringt er auf den Punkt, wie eine förmliche, leistungsorientierte und statusbedachte Gesellschaft auf Menschen reagiert, deren Produktionskraft nicht der sozialen Norm entspricht. Wieder einmal spielt er im kreativen Milieu; so reflektiert Hong auch das eigene Metier, sein Selbstverständnis als Regisseur.


Seine Hauptfigur, die Schriftstellerin Junhee, wird von einer Schreibhemmung geplagt. Sie besucht eine alte Kollegin, Sewon, die inzwischen einen Buchladen in einem Vorort von Seoul betreibt. Ihr Ausstieg aus dem Literaturbetrieb schenkte ihr Freiheit: Die Neigung siegte über die Pflicht. Sie kann sich jetzt erlauben, ihre Lektüre selbst auszusuchen, nur Bücher zu lesen, die ihr gefallen. Nun begibt sich auch der Film auf die Suche: Wie kann blockierte Energie wieder fließen, was ist vonnöten, um die eigene Spontaneität und Kreativität zu entfalten?


Seine Form ist streng und reduziert. Sie entspricht einer Gesellschaft, in der nur die Fassade zählt. So gibt es lange Einstellungen in Schwarz-Weiß; in kleinen Wortgefechten enthüllt sich das Wesen dieser Kultur. Immer wieder begrenzt Hong den Spielraum seiner Figuren, Gegenlicht überstrahlt den Bildhintergrund. Das schärft die Beobachtungsgabe, verfeinert den Blick für Hohles, für Gehässiges und Lächerliches, man achtet auf die Körpersprache, auf den Tonfall des hervorragend besetzten Schauspielensembles.


Hong lässt keinen Zweifel daran, dass es Muße und Begegnung bedarf, aber angesichts ritualisiert-erstarrter Umgangsformen auch des Mutes, sich ihnen zu verwehren. Durch die Gespräche mit Filmschaffenden, welche die Schriftstellerin zufällig trifft, fasst sie den Entschluss, sich einem ihr neuen Medium zuzuwenden: dem Kurzfilm. Nicht von ungefähr ist es eine Schauspielerin, mit der sich Junhee ihren Traum erfüllt, durch die sie sich als Künstlerin weiterentwickelt. Denn die Schauspieler sind es, die sich auf Ungewohntes einlassen, Neues im Spiel probieren. So wird nicht nur das Ende des Films, sondern auch das Leben bunt.

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