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Lieben und Hassen

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Ich war immer ein Feind der Künstler-Dramen... Ich wollte... Sappho einer wahren Leidenschaft und nicht einer Verirrung der Phantasie zum Opfer werden lassen”, so Franz Grillparzer in seiner Selbstbiographie. Und als solches Opfer agiert Barbara Petritsch in Nikolaus Briegers gefühlsbetonter Inszenierung. Eine selbstvergessene, rasende, zuweilen fast vulgär wirkende Dichterin steht im Kontrast zu ihrer Dienerin und Schülerin Melitta (Gunda Aurich). Dichtung, die Sappho zum Ruhm geführt hat, wie via Video auf der Bühne des Odeon zu sehen war, wird für sie zur Zuflucht. In dem von transparenten Vorhängen umwogten Flort von Bücherregalen hämmert sie ihre Verzweiflung in eine Schreibmaschine, bevor sie sich von dem Felsen auf der Insel Lesbos stürzt. Denn Phaon (Anian Zollner) sah in ihr nur die erfolgreiche Dichterin, verliebt ist er in Melitta.

Catulls Diktum vom Hassen und Lieben (odit et amo) wird durch Grillparzer bühnenreif, wenn die verschmähte Sappho Melitta erdolchen will. Vielmehr ist nicht zu verstehen, denn die Säulenhalle des Odeon verschluckt Grillparzers Text, kaum verständlich sind die Sätze der hysterisch gegen die Anti-Akkustik ankämfen-den Sappho.

Doch auch die Worte eines Liebhabers verlaufen im Sand, der auf der Bühne aufgewirbelt wird. Einzig der Burgschauspieler Jaromir Borek scheint der Situation gewachsen, als treuer Diener seiner Herrin führt er am Ende Touristen zum dem legendären Felsen, den er mit einer roten Kordel umzäunt. Ob diese „Sappho” am Odeon oder an Brieger gescheitert ist bleibt offen.

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