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Franz Grillparzers "Sappho" am Theater in der Josefstadt.

Mit einer neuen, von Isabella Suppanz und Janusz Kica für ihre Bearbeitung kreierten Rolle beginnt "Sappho" von Franz Grillparzer im Theater in der Josefstadt: Eine weiß gekleidete "Gestalt" (Theresa Lehner) schwebt - nicht senkrecht, sondern waagrecht, als ob sie Wände auf- und abgehen könnte - an der rückwärtigen Mauer hinab, ein technischer Trick, der später mit fallenden Pergamentblättern wiederholt wird: Blicke aus der Vogelperspektive auf die griechische Dichterin Sappho (um 600 vor Christus), die tragische Heldin des Geschehens.

Im eher bedrückenden als beeindruckenden Bühnenbild von Kaspar Zwimpfer, das wie das Innere eines bunkerartigen Mausoleums wirkt, entfaltet Kica von Anfang an ein Psychodrama mit modernen Bezügen. Die Kürzung und Zusammenballung auf zwei ohne Pause durchgespielte Stunden wirkt zwar der Langeweile entgegen - natürlich mangelt es einem solchen Werk an der heute so wichtigen "action" -, gibt aber auch den Personen weniger Chancen zur Entwicklung. Kaum ist Sappho im Triumph, mit Dichterlorbeer und jungem Liebhaber im Gepäck, auf ihre Heimatinsel Lesbos heimgekehrt, wendet sich auch schon das Blatt: Der junge Phaon wendet sich dem scheuen, wie er aus einer fernen Heimat auf diese Insel verschlagenen Mädchen Melitta zu, Sappho wütet, resigniert aber schließlich, lässt die beiden ungeschoren und springt vom Felsen in die Unsterblichkeit.

Eifersucht und Enttäuschung über den Undank protegierter Personen sind zu allen Zeiten verbreitete Gefühle, die der Zuschauer gut nachempfinden kann. Sie machen aber noch nicht alle Schichten von Grillparzers Werk aus, dessen Reiz neben der Frage nach der Rolle des sensiblen Künstlers unter anderem auch im Gegensatz zwischen einer sonnigen Außenwelt - eben der Insel Lesbos - und einer düsteren Innenwelt - den qualvollen Gedanken und Stimmungen - besteht. Zwimpfers Bühne lässt diesem Gegensatz keinen Platz und die Personen ständig in einem Gefühlskerker schmachten. Passender, aber fast zu simpel in der Farbsymbolik sind die Kostüme von Marie-Thérèse Jossen. Wer sich jedenfalls nach dem technischen Trick zu Beginn einen ebenso starken, überzeugenden Schluss erwartet hatte, dem blieb die Regie einen solchen eindeutig schuldig.

Dabei hätte Wien-Heimkehrerin Ulli Maier (Sappho) zweifellos sprachlich und mimisch das Format, der hellenischen Poetin Leben einzuhauchen. Doch Silvia Schuh (Melitta) kann ihr auf ihre naiv-kindliche Art nicht wirklich Paroli bieten, und damit hängt auch die Glaubwürdigkeit von Heiko Raulin (Phaon) in der Luft. Man glaubt ihm weder die Liebe zu Sappho - sie ist wohl auch mehr Schwärmerei - noch später zu Melitta, da wirkt er eher als Beschützer, nicht als leidenschaftlicher Liebhaber.

Reichlich Applaus

Marianne Nentwich (Eucharis), mit der Aufsicht von Sapphos Dienerinnen betraut, spielt die Rolle einer Mädchenpensionat-Glucke, Hermann Schmid (Rhamnes) kommt als treuer Diener Sapphos besser zur Geltung als Peter Moucka (Landmann) bei seinem Kurzauftritt gegen Schluss.

Das Premierenpublikum zollte dem in Ehren gescheiterten Bemühen um ein anspruchsvolles Werk der österreichischen Klassik jedenfalls reichlich Applaus.

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