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Nachkriegstheater...

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Die Akten über den Prozeß in den Kammerspielen sind bereits geschlossen. Wohl selten hat ein Engel oder Teufel eine so einmütige Ablehnung gefunden wie hier „Der Engel von Montparnasse“, diese verunglückte Komödie Jean Gilten e's. Eä ist nicht nur das Sujet: vier trostlose Beamte des himmlischen Justizministeriums entscheiden über die Rückverweisung der kleinen Yvette Malnar auf die Erde, wo sie in einem zweiten Leben ihre sogenannte bessere Seite entwickeln soll; als displaced per-son, als DP des Himmels auf der Erde, fällt sie dann einem der mißlichen himmlischen Sekretäre in die Arme. — Dieser Ulk, möglich vielleicht als Zehnminutensketsch eines Mitternachtskabaretts, wird von den bedauernswerten Schauspielern pflichtgemäß exerziert, ohne Lust, Liebe, teilweise auch ohne Können.

Vicki Baums „Menschen im Hotel“ stammt aus der großen Zeit der Ufa-Lustspielerfolge. Das große Hotel — als Schaubild für die arbeitslosen Massen der zwanziger Jahre — die edle Schauspielerin und ihr Gardeoffizier, hier ein Taschendiebbaron, der schließlich für sie stirbt... Jene Mischung also von Reichtum und Sentimentalität, Weltflucht (in den Luxus und die „Liebe“) und Verlogenheit, die für die Zehnzimmeratmosphäre jener Fluchtjahre Sinnbild war. Das Raffinement der gewiegten Bestsellerautorin preßt aber nicht nur einen Roman, einen Film, sondern auch ein sehr wirksames Bühnenstück aus diesem einen Stoff. Und hier das Erfreuliche: durch eine kluge Inszenierung, die sorgsam Bedacht nimmt auf jene Kitschatmosphäre der ersten Nachweltkriegszeit, durch eine hervorragende Besetzung aller Genrerollen gelingt dem Volkstheater eine Aufführung, die nicht nur ein Publikumserfolg ist, sondern sogar gewisse Meriten an an sich besitzt. Es entsteht nämlich nun ein Panorama, in dem der Generaldirektor, das Tipfräulein, der kleine Buchhalter, der Justizrat usw. jene Gesellschaft demaskieren, deren Brutalität, Leid, Zynismus und Menschlichkeit heute noch sichtbar durchschimmern in Verhältnissen unseres gegenwärtigen Lebens. Die Hervorkehrung der sozialen und zeit-koloritmäßigen Note tieft also den Kitsch merklich ein, setzt ihm zumindest interessante Lichter auf. Es bleibt die Leistung einiger Schauspieler: Skraup, Konradi, Woegerer, Jordan.

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