Quälen, nur aus Liebe

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Die sechs letzten Jahre ihres Lebens verbrachte Marguerite Duras in einer unmöglichen Beziehung zu einem Studenten. Ihre Freundin Jeanne Moreau leiht ihr nun ihr Gesicht - und bleibt gottlob sie selbst.

Sie sind nichts. Eine doppelte Null." Verstörende Worte einer Frau an ihren Geliebten, jenen jungen Mann, der ihr fünf Jahre lang oft mehrmals täglich Briefe geschrieben hatte, der ihre Romane aufgesogen und es erst auf ihr Geheiß hin gewagt hatte, in ihre fremde Welt des Schreibens einzudringen. "Diese Liebe" ("Cet amour-là"), die sich zwischen Marguerite Duras, der gealterten, alkoholkranken, von Schreibblockaden gequälten und in Selbstüberhöhung gefangenen Ikone des Nouveau Roman, und dem unscheinbaren Literaturstudenten Yann Andréa Steiner entwickelt, hat keine Zukunft. Beide wissen es. Und doch verfangen sie sich in einem Netz von Leidenschaft und Demütigungen. Sechs Jahre lang, bis zu ihrem Tod im Jahr 1996, lebt die Duras mit ihrem um 40 Jahre jüngeren Liebhaber, benutzt ihn als männliche Muse, beschäftigt ihn als Weinbeschaffer und als Sekretär. Von nun an diktiert sie ihm ihre Texte, entwirft und verwirft neben ihm Ideen für einen neuen Roman und wird schließlich zu seinem einzigen Lebensinhalt: "Lieben Sie mich, nur das haben Sie zu tun!" befiehlt sie ihm. Und: "Sie müssen ein Buch schreiben. - Ich werde der Gegenstand Ihres Buches sein."

Yann Andréa hat ihr auch in diesem Punkt gehorcht: Sein Buch über die Liebesbeziehung zur Grande Dame der französischen Literatur ("Cet amour-là") hat Regisseurin Josée Dayan ("Simone de Beauvoir", "Les Misérables") als Zeugnis genommen, um in ihrem gleichnamigen Film eine Atmosphäre bedrückender Intimität zu schaffen. Das Gefälle, das zwischen der Prix-Goncourt-Preisträgerin und dem Studenten besteht, setzt sich im Film in der Besetzung fort: Duras wird von ihrer langjährigen Vertrauten Jeanne Moreau verkörpert, der Ikone der Nouvelle Vague - ihr Liebhaber vom unbekannten Aymeric Demarigny.

Dass die Moreau nicht versuchte, die Duras zu sein, erweist sich als klug: Trotz Hornbrille als Maskerade wäre ihr mit ihrem bekannt reglosen Gesichtsausdruck und der betörenden Stimme dieses Unterfangen missglückt. Stattdessen bleibt sie stets sie selbst, die große Moreau, und lässt als machtvolles Gegenüber eines Unbekannten das Kinopublikum teilhaben an der Faszination und Grausamkeit dieser unmöglichen Liebe.

DIESE LIEBE - Cet amour-là

F 2001. Regie: Josée Dayan. Mit Jeanne Moreau und Aymeric Demarigny.

Verleih: Cinestar. 100 Min.

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