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„Rickerl – Musik is höchstens a Hobby“: Ein Film voller Goiginger-Momente

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Der neue Film von Adrian Goiginer vereint seine Stärken, einerseits emotional, andererseits bodenständig und wahrhaftig zu erzählen.

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Der neue Film von Adrian Goiginer vereint seine Stärken, einerseits emotional, andererseits bodenständig und wahrhaftig zu erzählen.

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Es gibt im österreichischen Film derzeit kaum einen Regisseur, der auf der Orgel der Emotionen so virtuos spielen kann, ohne dabei in kitschige Phrasen zu kippen, wie den Salzburger Adrian Goiginger. Sein Debüt „Die beste aller Welten“ zeigte maximale Emotion, transportiert über unschuldige Kinderaugen, und war zu keinem Zeitpunkt in der Nähe von Kitsch. Sein Weltkriegsdrama „Der Fuchs“ um die Erlebnisse seines Großvaters bestach durch eine sehr persönliche Irrfahrt durch den Krieg, die ebenfalls allein auf Gefühl und Menschlichkeit fußte. Und jetzt legt der Regisseur schon seinen nächsten Film vor, der berührt: „Rickerl – Musik is höchstens a Hobby“ vereint Goigingers Stärken, einerseits emotional, andererseits bodenständig und wahrhaftig zu erzählen.

Erich „Rickerl“ Bohacek hat gerade nicht so viel Glück im Leben. Seine Ex will nicht mehr mit ihm reden, seinen Sohn sieht er gerade einmal alle 14 Tage, und die meiste Zeit verbringt er beim AMS auf Jobsuche. Dabei ist Rickerl gar nicht ohne Talent, im Gegenteil: Wenn er in seinem Stammbeisl zur Gitarre greift, halten die Gäste inne – weil Musik machen kann er, der Rickerl. Und wie! Leider lässt es sich davon aber nicht leben, der große Traum von einer Karriere auf der Bühne ist für Rickerl in weite Ferne gerückt. Hinzu kommt, dass Rickerl seinem Sohn endlich ein verantwortungsvoller Vater sein möchte.

Voodoo Jürgens’ Debüt als Schauspieler

Motive aus „Rickerl“ entstammen der Vita des Hauptdarstellers: David Öllerer, in der Musikwelt besser bekannt als Voodoo Jürgens, spendierte Goiginger durchaus ein paar Anekdoten aus seinem Leben. Dass er sich hier erstmals als Schauspieler versucht, ist die Überraschung des Films: Dieses Debüt meistert Öllerer ganz bravourös! Ihm zur Seite stellt Goiginger mit Ben Winkler einen überaus talentierten Buben, der mit Öllerer zusammen ein wunderbares Vater-Sohn-Duo abgibt. Im Zusammenspiel der beiden entstehen sie wieder, die großen, emotionalen Goiginger-Momente.

Die zwischenmenschlichen Gefühle in „Rickerl“ untermauert Goiginger perfekt mit einem Liebeskanon aus Musik. Der ganze Film huldigt den Klängen, die neben Voodoo Jürgens’ Eigenkompositionen auch viele Zitate und Hommagen enthält, die den Musiker zu seinen Stücken inspirierten. Dabei hat Goiginger auch etliche Einfälle, die er in den Film einbaut, etwa wenn mehrere Menschen bei einem Lied mitsingen, das sie zuvor noch nie gehört haben. Zudem ist „Rickerl“ auch eine intensive Auseinandersetzung mit dem Œuvre von Voodoo Jürgens, dessen Musik man zuvor nicht gekannt haben muss, um in ihr Magie zu spüren.

Das Wiener Setting im verrauchten Beisl ist dann zusätzlich wie eine eigene Figur in „Rickerl“. Eine Beislkultur zwischen Tschick und Spritzer, das hat Goiginger geradezu in Perfektion abgebildet – und auch wenn diese Wiener Originalitäten immer seltener werden, so erlebt man sie in „Rickerl“ geradezu haptisch. Man kann das Beisl richtig inhalieren.

In diesem Sinne ist „Rickerl“ also nicht bloß eine emotionale Reise eines Vaters auf seinen Sohn zu, sondern auch die Konservierung eines Wiener Lebensgefühls, das mehr und mehr in Vergessenheit gerät, das man meist nur mehr aus der Erinnerung kennt. Auch dazu braucht es viel Gefühl und eine Liebe zum Detail, die Adrian Goiginger zweifellos hat. Nicht umsonst spürt man in den Details seiner Filme, dass er die Geschichten, die er erzählt, immer hautnah an sich selbst heranlässt.

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