Zwei Ikonen spielen zwei Ikonen

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Der Film schildert Grahams Verwandlung zur Medienunternehmerin, die sich die Pressefreiheit auf die Fahnen schreibt und die sich im männerdominierten Medienwesen erst durchsetzen muss.

Im Jahr eins der Trump-Administration lag es für das "gute" Hollywood quasi auf der Hand, großes Kino über die gute alte Presse zu machen -lang bevor der inflationäre Vorwurf "Fake News" den Medienalltags-Speak eines Präsidenten bestimmte. Nachdem vor zwei Jahren "Spotlight", die filmische Auseinandersetzung mit der journalistischen Aufdeckung der katholischen Missbrauchsskandale in Boston, den Haupt-Oscar gewann, und "Die Unbestechlichen", das Epos über die Watergate-Aufdecker der Washington Post, bereits 40 Jahre her ist, nimmt sich Hollywoods Ober-Tausendsassa Steven Spielberg in "Die Verlegerin" gleichfalls der Washington Post an - allerdings wenige Jahre vor der Watergate-Affäre.

Genauer: Der Einbruch ins Watergate-Hotel, des Wahlkampfhauptquartiers der Demokraten anno 1972, bildet die Schlussszene im neuen Spielberg-Film, der sich auf die Veröffentlichung der sogenannten "Pentagon Papers" 1971 und die Rolle von Katharine Graham, der Verlegerin der Washington Post, dabei bezieht.

Die Pentagon Papers waren eine Langzeit-Studie, die unter John F. Kennedys Verteidigungsminister Robert McNamara erstellt wurde, und aus denen hervorging, dass alle US-Administrationen seit dem Zweiten Weltkrieg die US-Bevölkerung über die wahren Misserfolge und strategischen Optionen im Vietnamkrieg im Dunkeln gelassen hatten. Der Whistleblower Daniel Ellsberg hatte die Tausende Seiten starke Studie zunächst der New York Times übermittelt. Als diese Teile daraus publizierte, erreichte das Weiße Haus unter Präsident Richard Nixon gerichtliche Anordnungen, die eine weitere Veröffentlichung verhinderten, weil Sicherheitsinteressen der USA auf dem Spiel stünden.

Pressefreiheit vor Sicherheitsinteressen

Doch The Washington Post brachte dann ihrerseits weitere Teile der Dokumente heraus, und Nixon &Co konnten dies nicht mehr unterbinden: Der Supreme Court der USA gab in einem wegweisenden Urteil mit sechs zu drei Stimmen der Pressefreiheit den Vorrang vor den behaupteten Sicherheitsinteressen.

Der Film "Die Verlegerin" schildert die Wochen im Juni 1971 zwischen der Veröffentlichung der Pentagon Papers und dem Gerichtsurteil als die politische und publizistische Erweckungsgeschichte von Katharine Graham (1917-2001). Graham war erst nach dem Selbstmord ihres psychisch kranken Mannes Philip im Jahr 1963 zur Verlegerin der Washington Post geworden. Der Film schildert ihre Verwandlung von einer hauptsächlichen "Ehefrau und Mutter" sowie Society Lady zur Medienunternehmerin, die sich die Pressefreiheit auf die Fahnen geschrieben hat und die sich auch wirtschaftlich im männerdominierten Medienwesen erst durchsetzen muss.

In unnachahmlicher Weise verkörpert Meryl Streep diese epochale Frauen-und Verlegerinnen-Gestalt; sie erhielt dafür ihre -bislang unerreicht! - 21. Oscar-Nominierung. Ihr journalistisches Alter Ego, Post-Chefredakteur Ben Bradlee, wird kongenial von Tom Hanks verkörpert. Gleich "zwei Ikonen spielen zwei Ikonen" - so bejubelte die Filmkritikerin der heutigen Washington Post, die sich bekanntlich mittlerweile im Besitz von Amazon-Gründer Jeff Bezos befindet, das Spielberg-Opus.

Eine Reminiszenz an gute alte Schreibmaschinen-,Bleisatz-und öffentliche Telefonzellen-Zeiten -aber ein Weckruf um ethisch verpflichteten und professionellen Journalismus, der unter den gegenwärtigen postfaktischen und postdemokratischen Bedingungen kaum mehr vorstellbar scheint. Natürlich ist "Die Verlegerin" auch ein amerikanisches Heldenepos. Aber in Zeiten wie diesen kann ein solches gewiss nicht schaden.

Die Verlegerin (The Post) USA 2017. Regie: Steven Spielberg. Mit Meryl Streep, Tom Hanks, Sarah Paulson. Universal. 115 Min.

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