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"Infarkt" an einem Tag.

Kann man den Untergang der alten Donaumonarchie an einem Tag exemplarisch festmachen, kann man diesen sich über Jahrzehnte hinziehenden Prozess des Auseinanderdriftens der Völker der Monarchie, welche nur mehr durch die Person des Kaisers zusammengehalten wurde, auf einen Tag reduziert darstellen? Man kann! Johannes Sachslehner gelingt es - nach seinem Buch über das Jahr 1683 -, in gleicher Qualität wieder eine anschauliche Darstellung der sich überschneidenden Handlungen, dieses Mal dramaturgisch verdichtet auf den 28. Oktober 1918, in einem Buch unterzubringen. Geschichte kann lebhaft und spannend sein, ergänzt um teilweise noch nie gezeigtes Bildmaterial.

Während an der Front am Piave und im Monte-Grappa-Massiv die letzte Schlacht des Habsburgerreiches gegen einen zahlenmäßig weit überlegenen Feind tobt, wird in Wien, der Haupt- und Residenzstadt des zerfallenden Reiches, die neue Regierung eines Staates angelobt, der eigentlich gar nicht mehr existiert. Kaiser Karl, im Volksmund bereits "Karl der Letzte" genannt, hofft noch immer auf den Abschluss eines Separatfriedens, der den Fortbestand der Donaumonarchie ermöglichen würde. Hilflos und ohnmächtig müssen er und seine Minister zusehen, wie in Prag und Krakau, in Budapest und Agram der Doppeladler in den Staub getreten wird. Es sind 24 verhängnisvolle Stunden, in denen der Wahnsinn des Krieges seinen finalen Höhepunkt erreicht, in denen Mut, feiger Verrat, Zaudern und entschlossenes Handeln, Gleichgültigkeit und selbstlose Hilfsbereitschaft aufeinander treffen und in Wechselwirkung treten.

Leider fehlt teilweise die Außensicht der mit Österreich-Ungarn verbündeten Deutschen sowie der Kriegsgegner, welche bereits die Weichen für eine neue Ordnung nach der Zerschlagung des "Völkerkerkers" Habsburgermonarchie gestellt haben ... In einem Lazarett in Pommern beschließt zu dieser Zeit ein durch Giftgas zeitweilig erblindeter Gefreiter namens Adolf Hitler, Politiker zu werden ...

Der Infarkt - Österreich-Ungarn am 28. Oktober 1918

Von Johannes Sachslehner

Pichler Verlag, Wien 2005

296 Seiten, zahlr. Abb., geb., e 22,-

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