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Karl Renner Dass zwei Autoren, die über Karl Renner schreiben, ausführlich auf seine Rolle als Geburtshelfer der ersten wie der zweiten Republik eingehen, das berühmt-berüchtigte Ja-Interview von 1938 nicht aussparen, auch den politischen Fuchs nicht, ist klar. Doch das hat eh jeder gewusst. Dass mir die neue Renner-Biographie besonders gefällt, liegt auch am einen oder anderen vernachlässigten Seitenaspekt, etwa Renners Engagement für die Genossenschaftsbewegung, vor allem aber an der Liebe, mit welcher der private Renner, der Familienmensch, der Zigarrenraucher, der Kartenspieler, der Lieferant mancher hübschen Anekdote hier gezeichnet wird.

Karl Renner. Zwischen Anschluss und Europa.

Von Siegfried Nasko und Johannes Reichl.

Holzhausen Verlag, Wien 2000m 324 Seiten, geb., Fotos, öS 420,-/e 30,52 Heinrich Böll Der frühe, vom Krieg gezeichnete Böll kämpft gegen das Vergessen an. Von den Büchern des bereits renommierten Böll werden noch immer nur 3.000 Stück aufgelegt und erst im Lauf von Jahren verkauft. Der erfolgreiche Böll leidet darunter, dass das, was man heute "die Szene" nennt, seine politischen Statements mehr goutiert als seine Prosa. Von der Meute, die ihn gern als Linken ins Bein beißt, hat erst der Nobelpreisträger Böll halbwegs seine Ruhe. Zeit, den ganzen Böll, den Autor, den homo politicus, den privaten Böll in allen Facetten zur Kenntnis zu nehmen. Wer das will, ist mit Heinrich Vormwegs "Heinrich Böll - eine Biographie" ausgezeichnet bedient.

Der andere Deutsche-Heinrich Böll.

Von Heinrich Vormweg, Kiepenheuer & Witsch, Köln 2000, 412 Seiten, Ln., Fotos, öS 329,-/e 23,91 Wolf Jobst Siedler All das in Deutschland lobend Gesagte über Wolf Jobst Siedlers wunderschöne Autobiographie stimmt: Dieses Buch ist große Lektüre, von der Kindheit über die Strafkompanie bis zu dem, was ich, nun ja, als Vorschuss auf den zweiten Teil genoss, auf den dieses Buch großen Appetit macht. Für mich als Österreicher hat dieses Buch freilich eine Faszination, die der Deutsche vielleicht nicht ganz nachvollziehen kann: Siedler entstammt dem liberalen deutschen Großbürgertum, also einer Schicht, die sich in Österreich nur in Ansätzen entfalten konnte. Darunter leidet das Land bis heute. Wer's nicht glaubt, dem sei Siedler besonders dringend empfohlen. Allen anderen aber auch.

Ein Leben wird besichtigt. In der Welt der Eltern Von Wolf Jobst Siedler, Siedler Verlag, Berlin 2000, 384 Seiten, Ln., Fotos, öS 364,-/e 26,45 Anna Seghers Auch wenn sie nur "Das siebte Kreuz" geschrieben hätte, den besten aller KZ-Romane, wäre Anna Seghers ein Fixstern der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts. Ihr Leben ist voll der Geheimnisse, teils aufgrund ihrer persönlichen Zurückhaltung, was Auskünfte über sie selbst betraf, teils wegen der Verhältnisse, in denen sie lebte, in der DDR noch mehr als in der Emigration. Der erste Teil der Biographie von Christiane Zehl-Romero (1900 bis 1947) ist der eindrucksvolle Versuch einer sympathisch respektvollen Annäherung, auf den wir nach Erscheinen des zweiten Bandes im Herbst dieses Jahres noch einmal zurückkommen werden.

Anna Seghers. Eine Biographie 1900-194 Von Christiane Zehl Romero, Aufbau Verlag, Berlin 2000, 560 Seiten, geb., Fotos, öS 437,-/e 31,76

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