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Das schwarze Gold

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Neun Zehntel der 16.000 Eskimos im „Land der schwarzen Bären“ leben in der östlichen Arktis — meistens in Siedlungen mit 25 bis 500'Einwoh-nern. Heute geraten die „kühlsten Kanadier“ in eine verzweifelte Lage. Schuld daran tragen die Regierimg im fernen Ottawa — und die riesigen Ölvorkommen der Arktis. Tragisch mutet das Schicksal der 127 Eskimos von Sachs Harbor auf Bank Island an. Sie gehören zu den unabhängigsten Eskimos; ohne jede staatliche Hilfe finden sie ihr Auskammen. Allein die Felle der weißen Füchse bringen ihnen bis zu 250.000 Dollar im Jahr ein. Das wird in Kürze anders werden. „Elf Öil Exploration & Production (Canada) Ltd.“ wird hier im Dezember mit Sprengungen beginnen, um „schwarzes Gold“ zu finden. Am 25. Juni flogen neun Repräsentanten der Firma ein und kündigten die Errichtung eines „Supply Depot“ für die bevorstehende ölsuche an. (Gemäß einer soeben veröffentlichten Analyse der Oanadian Petroleum Association werden bis Ende 1974 nicht weniger als 518 Millionen Dollar in die öl- und Erdgassuche in Kanadas Norden investiert werden.) Nun fürchten die Eskimos der kanadischen Arktis, daß die für die ölsuche nötigen Sprengungen ihre Existenz vernichten könnte. Doch „Bleichgesichter“ bedrohen nicht bloß die Trapper unter den Ureinwohnern des hohen Nordens. Die Kunstfertigkeit der EskJmo-schnitzer von Coppermine Ist weithin bekannt. Die von'Eskimos kontrollierte „Cooperative“ — das einzige Business des Gebietes neben der 300 Jahre alten riesigen Hudson's Bay Company — hat einen Jahresumsatz von rund 100.000 Dollar, der vornehmlich vom Verkauf der Schnitzereien aus Seifenstein (Soapstone) stammt. 26 Meilen von Coppermine, am Ufer des Rae River, ist ein Soapstone-Steinbruch, der den Eskimos das begehrte Rohmaterial liefert. Nun haben „Bleichgesichter“, die hier nach Bodenschätzen suchen, den Eskimos verboten, weiter den Seifenstein zu holen und die bestehenden Gesetze geben den Schürfern dieses Recht. So verzweifelt wird ihre Lage, daß die Eskimos der Arktis zum ersten Mal eine Konferenz in Coppermine abhielten. Repräsentanten von 22 Siedlungen erschienen. Sie kamen aus allen Gebieten — von Banks Island im Osten bis zur Repulse Bay im Westen. Torontos Globe & Mail — Kanadas größte Morgenzeitumg — brandmarkt das Verhalten der Regierung als barbarisch. Bitter ihr Kommentar: „Vielleicht können unsere Vorfahren dafür entschuldigt werden, daß sie den Eskimos ihr Land für eine Handvoll von Glasperlen fortnahmen; sie waren nicht zivilisiert genug, um besser zu handeln. Premierminister Trudeau ist es. Er weiß, daß Wohlfahrtszahlungen die Glasperlen von heute sind; er weiß auch, warm die Eskimos von der Regierung einen Tritt erhalten werden. Kann er nicht seinen Ressortminister anweisen, aufzuhören?“ Die Antwort steht noch aus.

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